Konjunkturprognose

OECD warnt: Globale Wachstumsaussichten sind instabil

Die Weltwirtschaft wächst 2020 und 2021 nur schwach. Für Deutschland erwartet die OECD gar eine Dauerflaute.

Die Weltwirtschaft bleibt nach Prognose der Industriestaaten-Organisation OECD auch in den beiden kommenden Jahren schwach. Das globale Bruttoinlandsprodukt dürfte sowohl 2020 als auch 2021 um drei Prozent zulegen, sagte die Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) am Donnerstag voraus. Im zu Ende gehenden Jahr dürfte es sogar nur zu 2,9 Prozent reichen.

Das seien die schwächsten Wachstumsraten seit der weltweiten Finanzkrise vor einem Jahrzehnt. "Die globalen Aussichten sind instabil und es gibt zunehmend Anzeichen dafür, dass sich der Konjunkturabschwung verfestigt", warnen die Experten.

Die OECD fordert die Regierungen deshalb dazu auf, entschlossener zu handeln. "Die größte Sorge ist, dass sich die Aussichten kontinuierlich weiter verschlechtern - nicht so sehr aufgrund etwaiger Konjunkturschocks, sondern aufgrund nicht bewältigter struktureller Herausforderungen", warnte OECD-Chefökonomin Laurence Boone. Klimawandel und Digitalisierung führten zu kontinuierlichen strukturellen Veränderungen in den Volkswirtschaften.

Zudem zeichne sich in Handel und Geopolitik eine Abkehr von der multilateralen Ordnung der 1990er Jahre ab. "Es wäre ein politischer Fehler, diese Veränderungen als vorübergehende Faktoren zu betrachten, denen mit geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen begegnet werden könnte: Sie sind struktureller Art", betonte die Chefökonomin. "Solange die Politik keine klare Richtung in diesen vier Bereichen vorgibt, wird die Unsicherheit hoch bleiben und so die Wachstumsaussichten beeinträchtigen."

Fehlende klare Vorgaben seitens der Politik für den Klimaschutz belasten der OECD zufolge die Investitionstätigkeit. Auch hier ruft sie die Politik zum Handeln auf. "Die Zahl extremer Wetterereignisse steigt, und ohne ausreichende politische Maßnahmen könnte ihre Häufigkeit weiter zunehmen", sagte Boone. "Solche Wetterereignisse können die Wirtschaftstätigkeit auf kurze Sicht erheblich beeinträchtigen und Langzeitschäden an Sach- und Naturkapital verursachen."

Deutschland soll mehr investieren

Der deutschen Wirtschaft sagt die OECD eine Dauerflaute voraus. Sowohl im zu Ende gehenden wie auch im kommenden Jahr sowie für 2021 dürfte das Bruttoinlandsprodukt jeweils mit weniger als einem Prozent wachsen, geht aus dem am Donnerstag veröffentlichten Ausblick der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) hervor.

Demnach reiche es im laufenden Jahr nur zu einem Plus von 0,5 Prozent, dem 2020 ein Wachstum von 0,8 Prozent folgt. 2021 werde es auch nur zu 0,9 Prozent reichen, obwohl die vorgesehene Anhebung des Kindergeldes und der Wegfall des Solidaritätszuschlags für viele Beschäftigte den privaten Konsum ankurbeln dürften. "Wir haben ein bisschen die Sorge, dass sich dieses langsame Wachstum verfestigen könnte", sagte die Leiterin des OECD Berlin Centre, Nicola Brandt.

Die Organisation warnt zugleich vor erheblichen Gefahren. "Deutschlands exportabhängige Wirtschaft ist besonders anfällig gegenüber außenwirtschaftlichen Risiken und einer weiteren Verlangsamung des Welthandels", betont sie. "Eine Verschärfung der Handelsstreitigkeiten, ein stärkerer Konjunkturabschwung in China oder anhaltende Unsicherheiten im Hinblick auf den Brexit würden die Aussichten verschlechtern und das Risiko erheblicher Ausstrahlungseffekte auf die Binnenwirtschaft und den Arbeitsmarkt erhöhen." Strukturelle Veränderungen in der Autoindustrie stellten ein weiteres Abwärtsrisiko dar und könnten zu Arbeitsplatzverlusten führen.

Die OECD rät der Politik daher zu mehr Investitionen, um gegen die Flaute anzukämpfen. "Es besteht fiskalischer Spielraum, auf den Abschwung zu reagieren", erklärte sie angesichts anhaltender Haushaltsüberschüsse. In vielen Bereichen - etwa Breitband-Internet, Straßen, Schulen, Wohnungsbau, Energie, Abfall- und Wasserwirtschaft - gebe es einen Investitionsstau. "Die derzeitigen Ausgabenpläne reichen nicht aus, um den Investitionsstau zu beheben", betonte die OECD. Um das langfristige Wachstum zu stärken, den regionalen Zusammenhalt zu fördern und den Übergang zu einer umweltfreundlichen, emissionsarmen Energie- und Verkehrsinfrastruktur zu beschleunigen, sollten bestehende Haushaltsspielräume genutzt werden, sagte OECD-Ökonomin Brandt.

IWF warnt vor Einbruch

Indes warnt der Internationale Währungsfonds (IWF) vor den Folgen des Handelskonflikts zwischen China und den USA für die Weltwirtschaft. Das globale Wirtschaftswachstum könnte 2020 um 0,8 Prozent schwächer ausfallen, bekräftigte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa am Donnerstag nach einer Gesprächsrunde mit Chinas Premierminister Li Keqiang und internationalen Organisationen in Peking.

Den größten Einfluss auf die Wirtschaftsflaute habe der Handelskrieg zwischen den USA und China und die damit verbundenen Unsicherheiten, betonte sie. Obwohl sich beide Länder in jüngster Zeit angenähert haben, konnten sie sich bisher nicht darauf verständigen, in welchem Ausmaß Zölle wieder zurückgenommen werden sollen. US-Präsident Donald Trump drohte kürzlich mit neuen Zöllen, sollten sich beide Länder nicht einigen können und einen Handels-Deal schließen.

Der IWF erwartet, dass das Wachstum in China - der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt - in diesem Jahr bei 6,1 Prozent liegt, im kommenden Jahr aber unter die 6-Prozent-Marke fällt. Bereits im dritten Quartal dieses Jahres war auf sechs Prozent gesunken - so langsam war Chinas Wirtschaft seit fast 30 Jahren nicht mehr gewachsen. Die Volksrepublik leidet nach Angaben des IWF unter steigenden Schulden und den Folgen des Handelskriegs.

(APA)

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