Action Star

Seagal, der „friedliche Krieger“

Steven Seagal im Shaolin-Wushu-Training-Center in der Praterstraße.
Steven Seagal im Shaolin-Wushu-Training-Center in der Praterstraße. (c) Akos Burg
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Warum Ex-Action-Star Steven Seagal auf der Vienna Comic Con zu Gast ist – und mit Herbert Fechter eine neue, „ganzheitliche“ Kampfkunst-Show plant.

Da sitzt er. Die Hände gefaltet, dunkles Hemd unter schwarzer Kunstfrisur, allem Anschein nach in sich ruhend, den Blick in die Ferne gerichtet, und es ist nicht ganz klar: Ist das buddhistische Gelassen oder doch zarte Genervtheit?

Am Freitagvormittag hatte Künstlermanager Herbert Fechter ins Shaolin-Wushu-Training-Center in der Praterstraße gebeten – und dort mit Kampfkünstler und Action-Star Steven Seagal einen durchaus schillernden Gast präsentiert: Denn Seagal ist nicht nur eine (zugegeben ehemalige) Hollywood-Ikone, sondern auch Waffenlobbyist und Umweltaktivist, Japan-Kenner und Putin-Freund, Sheriff und anerkannter Tulku, ein wiedergeborener buddhistischer Meister.

Nächstes Jahr feiert Fechters Shaolin-Show ihr 25-Jahr-Jubiläum. Von Wien ausgehend hat die Show rund um die körpergewandten chinesischen Mönche in mehr als 6000 Vorstellungen über fünf Millionen Menschen auf fünf Kontinenten erreicht. Seagal soll ihm nun helfen, die Jubiläumstour zu promoten.

Kennen gelernt hat Fechter den Amerikaner über den Oberösterreicher Georg Redlhammer. Der arbeitet in Moskau für Emin Agalarov, Popstar und Vizepräsident der Crocus-Gruppe, eines der größten Projektentwickler in Russland – Letzterer ist wiederum mit Seagal befreundet. Schon beim ersten Treffen in Moskau, erzählt Fechter, habe man den Plan für eine neue, „ganzheitliche“ Show entworfen. „Wir möchten gern vermitteln, dass Martial Arts mehr ist als eine Kampfkunst, dass es Teil einer Gesundheitslehre ist, ein Teil der Art of Peace.“

Russischer Sonderbeauftragter

Ab 2021 will man nun also für ein breites Publikum den Weg der Martial Arts nachzeichnen – jenen Weg, der mit dem indischen Königssohn Bodhidharma beginnt, der als Begründer des Zen-Buddhismus gilt. Bodhidharma war von Indien nach China gewandert, hatte dort den Buddhismus reformiert, von dort schwappte sein Einfluss nach Japan über, wo sich verschiedene Formen des Karate entwickelten. „Und von Japan aus hat die Kampfkunst ihren Siegeszug in die ganze Welt angetreten.“

Kampfkünstler zu sein, erklärt Seagal, bedeute vor allem, ein Schüler zu werden; es gelte, „die Einfachheit des Lebens lieben zu lernen, die Lyrik, die Malerei“. Der perfekte Krieger sei jener, „der durch die Kunst gelernt hat, nicht mehr zu kämpfen, weder gegen sich selbst noch nach außen“.

In dieser Rolle des Friedensstifters sieht sich der 67-Jährige überhaupt gern. Zumal der Sohn einer irischen Mutter und eines russisch-askenasischen Vaters seit 2016 über drei Staatsbürgerschaften verfügt – er ist nicht nur Amerikaner, sondern auch Serbe und Russe. Eine diesbezügliche Frage beantwortet er nach kurzem Zögern und einem Okay seiner Wiener Gastgeber doch. Er sei stolz auf das Erbe seines aus Wladiwostok stammenden Vaters – und ein Freund des Präsidenten der Russischen Föderation. „Ich halte ihn für einen großen Mann und einen Weltpolitiker.“ Putin dankt ihm entsprechend: Seit dem Vorjahr ist Seagal offizieller „Russischer Sonderbeauftragter für die humanitären Beziehungen mit den USA“. Er arbeite, erklärt er, „hart daran, die russisch-amerikanischen Beziehungen zu verbessern“.

Über Hollywood hat er, angesprochen auf seine Goldenen Himbeeren, wenig Gutes zu sagen. „Ich sehe seine wahre Natur, ich sehe, wer und was sie sind“, sagt er. „Damit konkurriere ich nicht. Ich lebe nicht im gleichen Universum.“ Seinen jüngsten Film, „Attrition“, hat er selbst geschrieben und produziert. Darin gibt er einen Ex-Soldaten und Kung-Fu-Meister, der sich zur Ruhe gesetzt hat und in Thailand ein einfaches und friedliches Leben führt. Doch als ein junges Mädchen entführt wird, nimmt er sich der Sache an − und natürlich gewinnt am Ende das Gute über das Böse. „Die Menschen lieben das“, so Seagal, „weil sie es selbst nicht oft erleben.“

Wenig heldenhaft, dafür ziemlich nach Hollywood-Klischee klingen auch die #MeToo-Vorwürfe, die gegen den Schauspieler im Raum stehen. Seagal weist sie zurück; als er in einem BBC-Interview darauf angesprochen wurde, verließ er das Studio.

Zu sehen ist er an diesem Wochenende dafür auf der Vienna Comic Con: Auf der Popkultur-Messe wird er Samstag und Sonntag Autogramme geben – für wohlfeile 70 Euro das Stück. Samstagabend soll er auch noch der Stadtbar einen Besuch abstatten.

ZUR PERSON

Steven Seagal (geb. 1952 in Michigan) lebte von 1973 bis 1988 in Japan, wo er Englisch unterrichtete und sich in Zen, Aikidō, Kendō, Judo und Karate übte. Als erster Nicht-Asiate führte er eine Kampfkunst-Schule in Osaka; später eröffnete er nahe Los Angeles sein eigenes Dojo. Bekannt wurde er mit Filmen wie „Nico“ oder „Alarmstufe: Rot“. Zuletzt produzierte er „Attrition – Gnadenlose Jagd“ (2018). Seagal hat sieben Kinder, ist Vegetarier, praktizierender Buddhist, Hilfssheriff und ehrenamtlicher Diplomat. Zuletzt gab es gegen ihn auch #MeToo-Vorwürfe.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.11.2019)

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