Präsidentschaftswahlen

Rumänien: Triumph des nüchternen Präsidenten

Der oft zurückhaltende Präsident Johannis verkörpert für viele Rumänen die Hoffnung auf einen „saubereren“ Staat. [ AFP ]
Der oft zurückhaltende Präsident Johannis verkörpert für viele Rumänen die Hoffnung auf einen „saubereren“ Staat. [ AFP ]APA/AFP/DANIEL MIHAILESCU
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Staatschef Klaus Johannis setzte sich bei der Stichwahl laut ersten, inoffiziellen Exit Polls am Sonntag klar gegen die sozialdemokratische PSD-Chefin Viorica Danica durch.

Das Zeug zum Volkstribun hat Rumäniens Landesvater nie gehabt. Weder ist Klaus Johannis mitreißender Redner, noch liebt er das Bad in der Menge oder den Wahlkampfring. Dennoch wird der nüchterne Siebenbürger Sachse auch die nächsten fünf Jahre im Bukarester Präsidentenpalast residieren. Laut Nachwahlbefragungen am Sonntag Abend entschied der Amtsinhaber mit 64,8 Prozent die Stichwahl klar für sich.

Seine Konkurrentin, die sozialdemokratische PSD-Chefin Viorica Danica, musste sich laut den ExitPolls mit 35,2 Prozent begnügen. Im ersten Wahlgang vor zwei Wochen hatten 37,82 Prozent für Johannis und 22,26 Prozent für Ex-Regierungschefin Danica gestimmt. Die höhere Wahlbeteiligung dürfte Johannis geholfen haben. Die Beteiligung lag eine Stunde vor Schließung der Wahllokale über dem des ersten Wahlgangs, als nur 47,66 Prozent von ihrem Stimmrecht Gebrauch machten.

Sehnsucht nach Normalität

Vor allem sein Pochen auf die Gewaltenteilung im Tauziehen um die von der PSD forcierten Justizreformen, aber auch die Sehnsucht vieler Rumänien nach einem „normalen“ Leben ohne Günstlingswirtschaft und Korruption dürften dem 60-Jährigen die triumphale Wiederwahl gesichert haben. Die Dauerkrise, die der seit Mai inhaftierte Ex-PSD-Chef Liviu Dragnea dem Land mit dem Versuch der Selbstamnestie für korrupte Politiker bescherte, machte hingegen die Kandidatur Dancilas von Beginn zur aussichtslosen Mission.

Ob als langjähriger Vorsitzender des Demokratischen Forums von Rumäniens deutscher Minderheit, als mehrmals wiedergewählter Bürgermeister von Sibiu (Hermannstadt) oder in den letzten fünf Jahren als Präsident – Verantwortung hatte der als distanziert, aber verlässlich geltende Johannis stets gesucht. Zugleich führte er die ihm anvertrauten Ämter unaufgeregt und meist zur Zufriedenheit seiner Wähler. Abgewählt wurde der Ex-Physiklehrer bisher noch nie. Ein echter Parteipolitiker ist Johannis nie gewesen, obwohl der lang parteilose Pragmatiker vor seiner erstmaligen Wahl zum Präsidenten 2014 für einige Monate selbst kurz der nationalliberalen PNL als Parteichef vorstand. Kritik an seiner bedächtigen, etwas distanzierten Amtsführung wurde während seines ersten Mandats allerdings nicht nur von politischen Gegnern laut. „Technokrat“ Johannis sei als Präsident in seiner ersten Amtszeit als zu passiver und vorsichtiger Beobachter aufgetreten und habe sich kaum um einen Dialog mit den Bürgern bemüht.

Er habe eigentlich eine andere Art von Präsident sein wollen, doch sei er von Beginn an mit einer „sehr feindlichen PSD“ konfrontiert gewesen, die Rumänien „ins Chaos gestürzt“ habe, bewertet Johannis im Rückblick sein erstes Mandat: Es sei ihm aber geglückt, Rumänien „auf dem europäischen Weg zu halten“. Er pflege in seinem Amt „nicht zu spielen, nicht zu diktieren, sondern zu präsidieren“, sagt Johannis. Er räumt allerdings ein, dass die Kommunikation seiner Politik bisher „nicht optimal“ gewesen sei. In einer zweiten Amtszeit werde er „mehr mit den Bürgern kommunizieren“.

Nuns sind Kurskorrekturen zu erwarten. War seine erste Amtszeit vor allem vom Abwehrkampf gegen die PSD und deren versuchter Aushebelung der Gewaltenteilung geprägt, wird Johannis ein zweites Präsidentschaftsmandat kaum mehr nur auf seine Anti-PSD-Haltung reduzieren können. Interessant wird auch sein, ob Johannis künftig mehr den überparteilichen Landesvater gibt und wie sehr er den Amtsträgern seiner früheren Partei auf die Finger schaut.
In seinen ersten fünf Jahren habe Johannis fast die gesamte Zeit ohne eine Regierung seiner eigenen Wahl amtiert, so der Analyst Cristian Pirvulescu. Nun habe der Präsident mit der von ihm installierten Minderheitsregierung von Premier Ludovic Orban (PNL) tatsächlich die Chance, seine Visionen in die Praxis umzusetzen und Rumäniens politisches System zu reformieren – „aber nur in den nächsten drei, vier Monaten“. Danach dürfte die neue Regierung im Parlament verstärkten Gegenwind verspüren und auch Johannis „wieder an Legitimität verlieren“. Denn: „So ist das in Rumänien.“

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