Slowakei-Wahl: "Ich möchte am liebsten weinen"

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Fast alle Stimmen SlowakeiWahlReuters (RADOVAN STOKLASA)
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In der Slowakei zeichnet sich nach der Parlamentswahl vom Samstag ein Regierungswechsel ab. Die Mitte-Rechts-Opposition erreichte zusammen die Mehrheit. Die gesamte Führungsgarnitur der SMK wird zurücktreten.

Verkehrte Welt in Bratislava: Trotz deutlichen Zugewinnen für seine linksgerichtete Smer ("Richtung") bei der slowakischen Parlamentswahl am Samstag wird Ministerpräsident Robert Fico (siehe Bild) sein Amt wohl abgeben müssen. Grund dafür ist das schlechte Abschneiden seiner bisherigen nationalistischen Koalitionspartner, von denen einer sogar aus dem Parlament flog. Die vier oppositionellen Mitte-Rechts-Parteien konnten daher gemeinsam die absolute Mehrheit im neuen Nationalrat erringen. Gemeinsam kamen sie bei einem Auszählungsgrad von 99,5 Prozent der Stimmen auf 79 der 150 Parlamentsmandate. Smer kam auf 62 Mandate.

Laut Statistischem Amt erhielt Smer 34,8 Prozent der Stimmen. Eine Koalition mit den bisherigen Partnern geht sich nicht mehr aus: Die Slowakische Nationalpartei (SNS) kam auf 5,1 Prozent, die Bewegung für eine Demokratische Slowakei (HZDS) von Ex-Ministerpräsident Vladimir Meciar scheiterte an der Fünf-Prozent-Hürde für den Einzug ins neue Parlament (Nationalrat).

Für ein besseres Zusammenleben

Die christlich-liberale SDKU (Slowakische Demokratische und Christliche Union) mit ihrer Spitzenkandidatin Ex-Sozialministerin Iveta Radicova führt weiter das Mitte-Rechts-Lager an. Sie kam auf 15,42 Prozent, gefolgt von der erst kürzlich gegründeten neoliberalen Partei Freiheit und Solidarität (SaS) mit 12,14, den Christdemokraten (KDH) mit 8,12 Prozent und der wie die SaS ebenfalls erstmals bei einer Parlamentswahl angetretenen neuen Partei Most-Hid (Brücke), die sich für ein besseres Zusammenleben zwischen Slowaken und ungarischer Minderheit einsetzt, mit 8,12 Prozent.

Sechs Parteien im Parlament

Die wegen ihrer angeblichen Nähe zur neuen rechtskonservativen ungarischen Regierung in Verruf geratene Partei der Ungarischen Koalition (SMK), die ebenfalls Teil des Oppositionsbündnisses war, verfehlte wie die HZDS den erneuten Sprung ins Parlament (4,33 Prozent), sodass insgesamt sechs Parteien in die neue Volksvertretung in Bratislava einziehen werden. Die Führung der SMK ist daraufhin zurückgetreten. SMK-Chef Pal Csaky sagte in der Nacht auf Sonntag, dass mit ihm die gesamte Führungsgarnitur zurücktreten werde.

Erste Frau an der Spitze

Demzufolge dürfte die slowakische Regierung - das ärmste Land der Eurozone mit einem Minus des Bruttoinlandsprodukts um 4,7 Prozent im Vorjahr und einer Arbeitslosenquote von 12,5 Prozent - künftig erstmals mit Radicova von einer Frau geführt werden. SDKU-Chef Ex-Premier Mikulas Dzurinda hatte auf eine Kandidatur verzichtet, nachdem Fico Dokumente veröffentlicht hatte, wonach die SDKU, mit Schwarzgeld finanziert worden sei. Fico und Smer waren dabei selbst mit Schwarzgeldvorwürfen konfrontiert.

"Ich möchte am liebsten weinen"

Fico beanspruchte am Sonntag die Regierungsbildung trotz mangelnder Partner für eine Mehrheit für sich. Sollte die Regierungsbildung nicht gelingen, sei er aber auch zu einer "starken Opposition" bereit, sagte er. SNS-Chef Jan Slota zeigte sich enttäuscht und sagte im slowakischen Fernsehen: "Ich möchte am liebsten weinen, ich bin sehr traurig." Wenn es eine "ungarische Partei" (Most-Hid; Anm.) ins Parlament schaffe, drohe eine "autonome Politik im Süden des Landes".

(APA)

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