Fokus auf: #Klimaschutz. Kurzstreckenflüge belasten das Klima. Das muss nicht sein. 574 Bahnkilometer in nur 5 Stunden und 25 Minuten.
Wien Meidling, Bahnsteig 5B, 12 Uhr 28. Ein Pensionisten-Pärchen, sie mit rot-weißer Strickhaube, er mit einem filzenen Trachtenhut, unterhalten sich auf Vorarlbergisch über die anstehende Reise. Für das ungeübte Ohr ist der alemannische Dialekt kaum zu verstehen. Neben ihnen starrt ein Student auf sein Handy. Aus seinen Ohren blitzen weiße Earpods. Wenige Meter weiter tänzelt ein kleines Mädchen, eingepackt in eine dicke babyblaue Daunenjacke auf und ab. Es ist kalt. Hoffentlich kommt der Zug bald.
„Bahnsteig Fünf. Railjet xpress 62 Richtung München Hauptbahnhof und Bregenz Hauptbahnhof fährt ein. Der Zug wird in Salzburg Hauptbahnhof geteilt und fährt als Railjet xpress nach Bregenz“, tönt die getragene Ansagestimme über den Bahnsteig. Der Zug stoppt knatternd, mehrere Menschentrauben bilden sich um die Ausgänge.
Es ist viel los. Über den meisten leeren Plätzen leuchten hellgrüne Reservierungen auf. Wien – Jenbach, Innsbruck Hbf. – Bregenz. Es ist ein reges Treiben, bis jeder seinen Platz gefunden hat. Trotz der vielen Passagiere ist es aber ruhig. Wer spricht, spricht gedämpft.
Die schwedische Schülerin Greta Thunberg und ihre Fridays-for-Future-Bewegung regen zum klimaschonenden Reisen an. In Thunbergs Heimat greift das Phänomen „Flygskam“, zu Deutsch „Flugscham“, um sich. Die Betroffenen schämen sich dafür, zu fliegen. Zu groß sind die negativen Auswirkungen für die Umwelt. Gerade bei kurzen Strecken vermeiden die Schweden das Flugzeug.
»Rund 310 Millionen Passagiere, um 20 Millionen mehr als im Vorjahr, waren 2018 in Österreich mit der Bahn unterwegs.«
Dadurch, dass das meiste CO₂ bei Start und Landung ausgestoßen wird, sind Kurzstreckenflüge besonders klimaschädigend. Gut für den schwedischen Bahnbetreiber SJ. Er registrierte 2018 eine deutliche Zunahme von Buchungen für innerschwedische Nachtzüge. Flugbuchungen gingen in der Zwischenzeit zurück. Der schwedische Flughafenbetreiber Swedavia spricht von einem Rückgang bei Inlandsflügen um acht Prozent.
In Österreich ist der Trend noch nicht ganz angekommen. So verzeichneten österreichische Flughäfen 2018 einen Zuwachs von 29 auf 31,7 Millionen Fluggästen im Vergleich zu 2017. Aber auch auf der Schiene gab es Zuwachs: Rund 310 Millionen Passagiere, um 20 Millionen mehr als im Vorjahr, waren 2018 in Österreich mit der Bahn unterwegs, davon 261 Millionen mit den Zügen der ÖBB. Der Rest geht auf das Konto anderer Eisenbahnverkehrsunternehmen.
Eine Frage der Zeit
Die Fahrgäste in der zweiten Klasse nutzen die Zeit im Zug. Sie lesen Magazine und Bücher, telefonieren, tratschen mit ihren Begleitern, schlafen oder arbeiten. Eine Frau mit knallrotem Pullover, Hornbrille und kurzen dunklen Haaren sitzt in Fahrtrichtung am Fenster. Am Tischchen unter ihr ist ein Magazin aufgeschlagen. Ihr Gegenüber im blau-grau-karierten Hemd schaut konzentriert auf sein iPad. Bunte Bilder blitzen am Display auf. Auf der anderen Zugseite schaut sich ein Jugendlicher YouTube-Videos auf seinem Laptop an. Zwei bärtige, sonnenbrillentragende Muskelprotze sitzen einander gegenüber und plaudern. Weiter vorne kuschelt sich ein Pärchen um die Vierzig auf einem Zweierplatz zusammen. Er hat den Arm um sie gelegt, ihr Kopf ruht auf seiner Schulter. Während sie schläft, betrachtet er die vorbeiziehende Landschaft.
Insgesamt dauert die Zugfahrt von Wien nach Langen am Arlberg fünfeinhalb Stunden. Der Flug von Wien nach Innsbruck kommt auf nicht einmal eine Stunde. Die Zeit, die Passagiere im Transportmittel verbringen, ist damit im Flugzeug deutlich geringer. Allerdings müssen die Gäste zunächst von der Stadt zum Flughafen und dann weiter vom Flughafen zum Ziel. Vom Stephansplatz aus sind es mit dem Auto bei idealer Verkehrslage 25 Minuten Fahrzeit nach Wien Schwechat plus mindestens zehn Minuten Parkplatzsuche.
Der Flughafen Wien empfiehlt bei Inlandsflügen, zwei Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein. In dieser Zeit wird eingecheckt und vom Eingang des Flughafens zum Gate gelaufen. Zwischendurch geht sich vielleicht ein Kaffee aus. Dann geht es schon ins Flugzeug. In Innsbruck angekommen, dauert es wieder eine dreiviertel Stunde, bis man sein Gepäck zurückbekommen und das Gebäude verlassen hat. Vom Flughafen nach Langen am Arlberg sind es mit dem Auto weitere anderthalb Stunden. Bei guter Wetter- und Verkehrslage. Insgesamt kommt die Flugreise auf fast fünf Stunden.
Die Austrian Airlines hielten im Frühjahr gegenüber der APA fest, dass sie Ultra-Kurzstreckenflüge nicht für sinnvoll erachten. Damit sind jene Strecken gemeint, die mit dem Zug in drei Stunden erledigt wären. Unter dem Namen „AIRrail“ gibt es deswegen eine Kooperation zwischen ÖBB und AUA. Die Flüge zwischen Linz und Wien sind schon vollständig auf die Bahn verlagert worden. Auch nach Salzburg gibt es Alternativangebote. Auf der Südstrecke könnte sich mit der Eröffnung des Semmering- und des Koralmtunnels in den nächsten sieben Jahren ebenfalls etwas tun.
Klimaschutz an vorderster Stelle
Mahlzeit. Im Railjet Restaurant trinken mehrere Herren in den gegenüberliegenden roten Ledernischen Kaffee, Tee und Bier. An Bord werden je nach Jahreszeit unterschiedliche Gerichte serviert. Das Angebot reicht vom saisonalen Risotto bis zum Evergreen Wiener Hühnerschnitzel. Die Hauptspeisen kosten zwischen 8,90 und 12,20 Euro. Für den kleineren Hunger gibt es warme Snacks ab 4,20 Euro. Einen Cappuccino gibt es um 3,10 Euro. Fairtrade, versteht sich.
»Acht Kilogramm CO₂ werden bei der Bahnreise nach Vorarlberg ausgestoßen. Zum Vergleich: Beim Fliegen von Wien nach Innsbruck sind es 174 Kilogramm.«
Auch der Strom auf den Schienen ist nachhaltig produziert. Die elektrifizierten Züge werden seit Juli 2018 zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben. Ein Großteil davon stammt aus ÖBB-eigenen Wasserkraftwerken und aus Partner-Wasserkraftwerken, der Rest aus dem öffentlichen Netz mit Herkunftsnachweisen hinterlegt.
Dementsprechend gering ist die CO₂-Bilanz der ÖBB. Rund 14 g werden pro Passagier und Kilometer laut Umweltbundesamt in Österreich ausgestoßen. Im Vergleich: Beim Flugzeug ist es 31 Mal so viel. Pro Jahr spart der ÖBB Personen- und Güterverkehr damit 3,5 Millionen Tonnen CO₂ ein. Bei der Reise nach Vorarlberg werden knapp 8 kg CO₂ ausgestoßen. Beim Fliegen wären es dem Modell zufolge von Wien nach Innsbruck 174 kg CO₂ gewesen. Die Weiterfahrt vom Flughafen nicht eingerechnet.
„Einfach und gemütlich"
Langen am Arlberg, Bahnsteig 1, 18 Uhr 09. Nach Zwischenstopps in St.Pölten, Linz, Salzburg, Wörgl, Jenbach, Innsbruck, Imst-Pitztal und Landeck-Zams rollt der Railjet xpress 862 im Bahnhof Langen ein. Fünf Stunden und 25 Minuten liegen zwischen Wien Meidling und Vorarlberg. Genug Zeit, um mit den Fahrgästen zu sprechen und herauszufinden, warum sie denn den Zug und nicht das Flugzeug oder das Auto gewählt haben. Der Grundtenor zwischen Jugendlichen, Erwachsenen und Senioren: „Weil es einfach und gemütlicher ist.“
In Kürze
Mit den ÖBB geht’s tagsüber im Stundentakt von Wien über Linz und Salzburg nach Vorarlberg. Wussten Sie schon, dass Sie im ÖBB Ticketshop und in der ÖBB App nach den besten ÖBB Preisen filtern können? Geben Sie ein, wann Sie Ihre Reise antreten möchten, und lassen Sie sich die Verbindungen nach Preis sortieren - schon sehen Sie, welches Angebot das günstigste ist.
