Einwanderungsgesetz

Indien bevorzugt Nicht-Muslime aus Nachbarländern

Proteste gegen die neuen Einwanderungsgesetzt in Seelampur.
Proteste gegen die neuen Einwanderungsgesetzt in Seelampur.(c) REUTERS (Danish Siddiqui)
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Die Proteste indischer Studenten gegen das neue Einbürgerungsrecht weiten sich aus. 200 Menschen wurden bei Auseinandersetzungen mit der Polizei an der Uni in Neu Delhi verletzt.

Für die über 200 Millionen Muslime im Land ist es ein Affront. Das neue Einwanderungsgesetz hat das indische Parlament vor einigen Tagen schon passiert. Die Proteste dagegen bringen nun Premierminister Narendra Modi in Bedrängnis. Denn die Kundgebungen eskalieren und werden immer größer.

Darum geht es: Nicht-muslimische Einwanderer aus den Nachbarstaaten Bangladesch, Pakistan und Afghanistan (alle drei Länder sind muslimisch dominiert) können künftig auf einfachere Weise zu einer indischen Staatsbürgerschaft gelangen. Kritiker halten der hinduistisch-nationalistischen Partei BJP von Premierminister Modi vor, mit der Neuregelung die Muslime im Land zu diskriminieren - sie machen etwa 14 Prozent der Bevölkerung aus. Das Gesetz finden vor allem - aber nicht nur - die Muslime im eigenen Land ungerecht, die seit Tagen gegen das kurz CAB (Citizenship Amendment Bill) genannte Gesetz auf die Straße gehen und sich dabei gewalttätige Auseinandersetzungen mit der Polizei liefern. Bisher sind bei den Protesten sechs Menschen ums Leben gekommen.

Nach schweren Zusammenstößen mit der Polizei an einer Universität in der Hauptstadt Neu Delhi kam es am Montag zu Solidaritätsdemonstrationen von Studenten im ganzen Land. Nach Angaben der Universität Jamia Millia Islamia in Neu Delhi waren dort am Sonntag mindestens 200 Menschen verletzt worden.

In mehreren Städten protestierten daraufhin am Montag hunderte Studenten gegen die Polizei, darunter in Neu Delhi, Chennai, Bangalore und Lucknow. Dort versuchten Hunderte, offenbar mehrheitlich muslimische Demonstranten, eine Polizeistation zu stürmen, wie auf Fernsehbildern zu sehen war. Sie bewarfen Sicherheitskräfte mit Steinen, die sich hinter einer Mauer verschanzt hatten.

Die Proteste im Umfeld der Jamia Millia Islamia Universität in Delhi.
Die Proteste im Umfeld der Jamia Millia Islamia Universität in Delhi.(c) REUTERS (Adnan Abidi)

Regionalregierung auf Konfrontationskurs

In Kolkata im Osten des Landes nahmen am Montag Tausende Menschen an einem Protestmarsch teil, zu dem die Regionalregierung aufgerufen hatte, die Modi äußerst kritisch gegenüber steht. Demonstranten setzten Reifen auf Bahnstrecken in Brand. In der Stadt nicht unweit des muslimisch geprägten Staates Bangladesch ist rund jeder fünfte Bewohner Muslim.

Unterdessen haben mehrere indische Bundesstaaten angekündigt, das neue Gesetz nicht anzuwenden. Sie sehen darin einen Verstoß gegen die laizistische Verfassung des Landes. Abgesehen von den Befürchtungen der Diskriminierung im eigenen Land, sorgen sich viele in den Grenzgebieten zu den Nachbarstaaten vor einem massiven Zuzug. Muslimisch-geprägte Grenzgebiete Indiens könnten vor infrastrukturellen Herausforderungen stehen - andererseits würde es auch die Bevölkerungsstruktur der Religionszugehörigkeit ändern.

Indien hatte bisher relativ strenge Zuwanderungsregeln. Wer die indische Staatsbürgerschaft erhalten wollte, musste elf Jahre lang in Indien leben oder diesen Zeitraum für die Bundesbehörden arbeiten. Für sechs religiöse Gruppen aus den Nachbarländern wurde diese Hürde aber nun beseitigt: Hindus, Sikhs, Buddhisten, Jains, Parsen and Christen können nun schneller zur Staatsbürgerschaft gelangen, wenn sie seit 2015 im Land sind.

Ein Polizist schießt Tränengas in Richtung der Demonstranten in Proteste gegen die neuen Einwanderungsgesetzt in Seelampur.
Ein Polizist schießt Tränengas in Richtung der Demonstranten in Proteste gegen die neuen Einwanderungsgesetzt in Seelampur.(c) REUTERS (Danish Siddiqui)

Modi beruhigt

Die Partei von Premierminister Modi macht eine hindu-nationalistische Politik. Es bedient also seine Klientel mit dem neuen Gesetz. Für einen Großteil der Muslime im Land ist er ohnehin nicht wählbar. Seine Mehrheit im Parlament hat er dem Minderheitenwahlrecht zu verdanken. Modi beschuldigte die oppositionelle Kongresspartei, die Unruhen anzustacheln. Diejenigen, die die Proteste schürten, seien an ihrer Kleidung wiederzuerkennen. Eine Aussage, die viele als auf Muslime bezogen interpretierten.

Auf seinem Twitter-Kanal versucht der Premier zu beruhigen, man möge sich jedenfalls den Protesten fernhalten. Alle Inder sollten zusammenstehen, um Indien weiter voranzubringen. Und das neue Einwanderungsgesetz habe für indische Staatsbürger aller Religionen ohnehin keine Auswirkungen. Es sei für jene gedacht, die jahrelanger Verfolgung im Ausland ausgesetzt seien und nirgendwohin fliehen könnten außer nach Indien.

Die Vereinten Nationen hatten in der vergangenen Woche Bedenken zu dem neuen Gesetz geäußert. Das Menschenrechtsbüro in Genf nannte die Pläne „grundlegend diskriminierend“. Menschenrechtsgruppen und mehrere islamische Parteien wollen die Neuregelung vor dem Obersten Gericht anfechten.

(klepa/APA/AFP)

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