Ski

Schmierage auf der Saslong

Erst die Gulaschsuppe, dann der Sekt: Vincent Kriechmayr jubelt in Gröden.
Erst die Gulaschsuppe, dann der Sekt: Vincent Kriechmayr jubelt in Gröden.APA/AFP/ALBERTO PIZZOLI
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Vincent Kriechmayr hat in Gröden nicht nur seinen ersten Saisonsieg eingefahren, er kam einem erklärten Ziel einen großen Schritt näher. Auch beim Abfahrtsklassiker ist er heute Favorit.

St. Christina/Gröden. Die wirklichen „Kriechmayr-Rennen“ kommen eigentlich erst, Bormio nach Weihnachten, dann die Jänner-Klassiker in Wengen, Kitzbühel und Garmisch. Dort geht es Schwung auf Schwung, das gefällt dem Edeltechniker aus Oberösterreich. Umso erfreulicher, dass der erste Saisonsieg schon jetzt unter Dach und Fach ist, und das auf der Saslong im Grödnertal, wo jenes „gefühlvolle Hinschmieren“ (Kriechmayr) gefragt ist, das der 28-Jährige gar nicht zu seinen Spezialitäten zählt.

Kriechmayr gewann den Super-G von Gröden dennoch, vor dem Norweger Kjetil Jansrud (+0,05 Sek.) und dem Deutschen Thomas Dreßen (+0,22). Aber es war eines der chaotischeren Rennen der jüngeren Vergangenheit. Bis der ÖSV-Athlet als Sieger feststand, wurde zigmal unterbrochen, etliche Male verschoben und wegen der immer wieder durchziehenden Nebelschwaden nach 48 Läufern sogar abgebrochen. Auch die Fahrzeit vom Reservestart war mit 1:13,84 Minuten denkbar kurz. „So ein Rennen habe ich noch nie gewonnen. Es war sehr ungut, so lang im Zielraum zu stehen. Manchmal hieß es, es wird abgebrochen, dann wieder nicht. Ich war jetzt lang genug angespannt, aber mit so was muss man umgehen können“, meinte der Sieger. Gegen den Heißhunger während der Warterei half eine Gulaschsuppe. „Danke an die Verantwortlichen.“

Dass ihm Gröden und die berühmte Ciaslat gar nicht liegen würden, dabei blieb Kriechmayr auch nach seiner Siegesfahrt. „Es ist ein ganz eigener Charakter, einzigartig im Weltcup. Vor allem die Ciaslat, da muss man sich einmal richtig bewegen. Ich bin eher auf so Strecken wie Bormio zu Hause, wo man gescheit draufsteigen muss.“ Dennoch staunte Kollege Hannes Reichelt, der mit Platz sechs aufzeigte: „Der Vinc ist die Ciaslat wie aus einem Guss gefahren.“

Am Samstag gilt es nachzulegen, in Gröden steht der Abfahrtsklassiker auf dem Programm (11.45 Uhr, live ORF1), auch wenn die Wetterprognosen wieder nichts Gutes verheißen. Der oberste Abschnitt wurde bereits vor Tagen aufgegeben, in der Nacht auf Samstag wurden zudem einige Zentimeter Neuschnee erwartet.

Kriechmayr wird die Abfahrt im Trikot des Gesamtweltcupführenden bestreiten. Noch hat er aber eine andere Kugel im Visier: Irgendwann soll es Abfahrts- oder Super-G-Kristall werden. „Das Ziel unserer Mannschaft ist ja eigentlich, dass wir um eine Kugel mitfahren. Es ist doch schon sehr lang her.“ Dazu brauche es Siege und Podestplätze. „Ich habe in den letzten Jahren zwei Abfahrten gewonnen, das ist eigentlich für das ganze Lob nicht richtig viel.“

Speed-Asse unter sich

Als Quasi-Vorbild nennt Kriechmayr den Schweizer Beat Feuz, der in den vergangenen beiden Jahren die Abfahrtswertung gewann. Was für Kriechmayr spricht: Seine Fahrweise ist jener des Schweizers nicht unähnlich. „Natürlich bin ich oft sehr sauber am Ski. Aber der Beat fährt auch sehr sauber, aber der schafft es gleichzeitig auch noch, ganz vorn mitzufahren und immer wieder Rennen zu gewinnen. Der ist vergangenes Jahr nie schlechter als Sechster gewesen. Diese Konstanz braucht es. Dann ist es ganz egal, ob dir die Strecke entgegenkommt oder nicht.“

Als nächsten Schritt in diese Richtung kann Kriechmayr den Gröden-Super-G verbuchen. Auch er kann nun auf eigentlich ungeliebten Pisten gewinnen. (red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.12.2019)

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