Luftfahrt

Airbus steigt zur Nummer eins auf

Airbus hat den US-Rivalen deutlich hinter sich gelassen.
Airbus hat den US-Rivalen deutlich hinter sich gelassen.(c) imago images/Arnulf Hettrich (Arnulf Hettrich, via www.imago-i)
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Der europäische Flugzeugbauer lässt den krisengeschüttelten US-Rivalen Boeing bei Auslieferungen weit hinter sich. Die Aktionäre feiern, die Airbus-Aktie setzt den Aufwärtstrend fort.

Toulouse/Chicago. Der „Sieg“ kommt angesichts der Krise von Boeing nicht überraschend: Airbus hat im Vorjahr den strauchelnden US-Erzrivalen als weltweit größten Flugzeugbauer abgelöst. Erstmals seit 2011 haben die Europäer im ewigen Konkurrenzkampf die Nase vorn: Airbus lieferte Informationen von Reuters zufolge 863 Flugzeuge aus. Das sind fast acht Prozent mehr als 2018 (800 Maschinen) und knapp mehr als das im Oktober nach unten revidierte Ziel von 860 Flugzeugen.

Die Verkaufszahl liegt aber vor allem um Längen über jener von Boeing. Der US-Konzern hat noch kein Jahresergebnis vorgelegt. Von Jänner bis November 2019 wurden aber lediglich 345 Maschinen an die Kunden gebracht. 2018, als das Geschäft trotz des ersten Absturzes einer 737 MAX noch normal lief, waren es noch 806.

Davon ist der US-Konzern meilenweit entfernt – und es ist die Frage, ob die Amerikaner bald an die früheren Erfolgsjahre anknüpfen können. Berechtigte Zweifel sind angebracht, zumal der Konzern nach zwei Abstürzen des Unglücksmodells 737 MAX mit 346 Toten und dem weltweiten Flugverbot in der schwersten Krise der Unternehmensgeschichte steckt.

Nach dem Rauswurf des bisherigen Konzernchefs Dennis Muilenburg und des Chefs der Zivilluftfahrtsparte Kevin McAllister sowie dem Abgang des Chefjuristen J. Michael Luttig, dem die Mitverantwortung an dem katastrophalen Krisenmanagement angelastet wird, hat der neue Boeing-Boss, David Calhoun, der am 13. Jänner das Steuer übernimmt, alle Hände voll zu tun. Wobei es nicht nur darum geht, die milliardenschweren Kosten für Schadenersatzzahlungen an Hinterbliebene und Airlines, für die Wiederinbetriebnahme der 400 produzierten, aber nicht ausgelieferten 737 MAX, für den nun anlaufenden Produktionsstopp sowie für die Schulung von Piloten auf die neue Steuerungssoftware (die alte gilt als Absturzursache) zu stemmen.

Viel mühsamer wird die Reparatur des zerstörten Images und Vertrauens. Das wird mit Placebo-Aussagen nicht zu schaffen sein.

Deutlich weniger Bestellungen

Mit einem Wort: Der US-Konzern, dessen Probleme sich auch in tiefroten Geschäftszahlen 2019 niederschlagen dürften, braucht eine neue Strategie. Und ein neues Flugzeugmodell, mit dem man dem Verkaufsschlager der Europäer, der A321neo, Paroli bieten kann. Der Abstand spiegelt sich gut in den Zahlen wider: 4600 Bestellungen für die 737-Serie klingen gut, aber Airbus hat 7200 Orders für Modelle der A320-Familie in den Büchern.

Ganz ohne Sorgen geht aber auch Airbus nicht ins neue Jahr: Der Einbau einer neuen Kabine, der „Airbus Cabin Flex“, und Änderungen am Rumpf für das neue Modell A321neo und seine Langstreckenvariante gestalten sich komplizierter und zeitaufwendiger als erwartet. Die neue Kabine schafft in der längeren Flugzeugversion A321neo Platz für mehr Passagiere. Nur mit der Streichung von Urlauben und mehr Mitarbeitern schaffte es Airbus, die im Hamburger Werk auf die Fertigstellung wartenden Flugzeuge vor Jahresende lieferfertig zu machen. Mit mehr Automatisierung soll der Engpass nun beseitigt werden.

Die Airbus-Aktionäre feierten den Weltmarktführer und ließen die Aktie am ersten Handelstag im neuen Jahr um gut drei Prozent steigen. Im Vorjahr hat das Airbus-Papier 55,4 Prozent gewonnen. Die Boeing-Aktie ist angesichts der Probleme mit einem Kursanstieg von sechs Prozent glimpflich davongekommen. Allerdings gab es allein in den letzten drei Monaten ein Minus von 15,4 Prozent.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2020)

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