Flugzeugindustrie

Weitere Sicherheitsmängel bei Boeings 737 Max

(c) REUTERS (Lindsey Wasson)
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Bisherige Untersuchungen der brandneuen Unglücksmaschinen wiesen vor allem auf Softwareprobleme hin. Doch jetzt wurden weitere Risken bei der Verkabelung entdeckt.

Chicago. Die Abstürze der 737 Max in Indonesien und Äthiopien Ende 2018 und Anfang 2019 haben den Flugzeughersteller Boeing in eine tiefe Krise gestürzt. Im Lauf der behördlich verordneten Untersuchung hat der Konzern immer wieder Fehler zugegeben. Der Verdacht, dass Boeing die Flieger aus wirtschaftlichen Interessen überstürzt auf den Markt gebracht und Sicherheitsaspekte vernachlässigt habe, wurde freilich stets zurückgewiesen.

Der Flugzeugtyp ist jedenfalls nach wie vor mit Startverboten belegt – schon seit Monaten. Und daran dürfte sich auch so rasch nichts ändern. Denn einem Bericht der „New York Times“ zufolge sind bei der umfassenden Überprüfung der Boeing 737 Max weitere technische Probleme festgestellt worden, die bisher noch nicht bekannt gemacht worden sind. Es soll, so die Auskunft eines Boeing-Mitarbeiters, Probleme bei der Verkabelung geben, mit deren Hilfe das Heck der Flieger gesteuert wird.

Gefahr eines Kurzschlusses

Konkret sollen zwei zum Heck der 737 Max führende Kabelstränge zu nah beieinanderliegen, womit die Gefahr eines Kurzschlusses gegeben ist. Dies könnte unter Umständen zu einem Absturz der Maschine führen, so der Boeing-Mitarbeiter. Seine Aussage wird von drei weiteren Informanten gestützt.

Im Lauf der Untersuchungen wurden schon mehrere Schwachstellen der 737 Max entdeckt. Als besonders problematisch gilt das Flugsteuerungssystem, das in Tests auch reagierte, wenn es dazu keinen Anlass gab. Entdeckt wurde auch eine Fehlfunktion eines Mikroprozessors.

Im Fall der eng nebeneinanderliegenden Kabelstränge ist aber noch nicht geklärt, ob sie im Flug tatsächlich Probleme verursachen könnten beziehungsweise ob sie getrennt werden müssen. Eine Korrektur sei jedenfalls relativ einfach zu bewerkstelligen, heißt es. Überprüft werden müsse allerdings, ob die Kurzschlussgefahr auch bei der Max-Vorläuferin gegeben ist.

Derweil erwägt der angeschlagene US-Flugzeugbauer eine höhere Verschuldung, um seine Finanzen nach dem Flugverbot für den Unglücksflieger 737 Max zu stärken. Boeing denke auch darüber nach, einige Investitionen zu verschieben, Akquisitionen einzufrieren und die Ausgaben für Forschung und Entwicklung zu kürzen, berichtete das „Wall Street Journal“ unter Berufung auf Personen, die mit der Materie vertraut sind.

Neuer Chef ante portas

Boeing war zu keiner Stellungnahme bereit. Die Aktien des Flugzeugherstellers fielen am Montag im vorbörslichen Handel um 1,2 Prozent. Erst kurz vor Weihnachten musste Konzernboss Dennis Muilenburg gehen. Der neue Boeing-Chef, David Calhoun, wird am 13. Jänner das Steuer übernehmen. (ag/kor.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2020)

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