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Neue Niederlage für Weinsteins Anwälte

Harvey Weinstein
Harvey WeinsteinReuters (Eduardo Munoz)
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Im Prozess um mutmaßliche Sexualverbrechen von Ex-Filmproduzent Harvey Weinstein wirft die Verteidigung dem Richter Befangenheit vor. Richter James Burke lehnt das ab.

Harvey Weinsteins Anwalt Arthur Aidala startet jeden Tag einen neuen Versuch, den Prozess um den mutmaßlichen Sexualverbrecher zu verzögern. Am Mittwoch forderte er Richter James Burke auf, sich von dem Fall zurückzuziehen. Burke habe Weinstein bereits für schuldig befunden, so Aidala.

Grund ist eine scharfe Rüge Weinsteins durch den Richter am Vortag, weil der einstige Hollywood-Mogul im Gerichtssaal anscheinend ein Handy benutzt hatte. "Wollen Sie wirklich so für den Rest ihres Lebens im Gefängnis landen, indem Sie in Verletzung einer Gerichtsanordnung Textbotschaften verschicken", sagte Burke. 

In einem Schreiben erklärte Anwalt Aidala, diese Rüge zeige eine "Feindseligkeit" gegenüber Weinstein und lasse Zweifel an der Unvoreingenommenheit des Gerichts aufkommen. Die Äußerungen könnten zweierlei bedeuten: Entweder sei Burke der Auffassung, ein Handy im Gerichtssaal zu benutzen könne mit lebenslanger Haft bestraft werden. Oder aber er lasse durchblicken, dass Weinstein schuldig sei und er ihn zu lebenslanger Haft verurteilten wolle.

Richter James Burke lehnte das Rücktrittsgesuch am Donnerstag ab. "Ich wollte ihm nur genug Angst machen, damit er sein Handy künftig nicht mehr benutzt. Das Gericht kennt das Urteil nicht und hat keinerlei Entscheidung darüber getroffen, was es sein könnte oder nicht."

Die Geschworenen-Jury

Die Zusammenstellung der Geschworenen-Jury gestaltet sich unterdessen weiter schwierig. Am Dienstag und Mittwoch waren je 120 potenzielle Juroren befragt worden, die meisten davon hatten sich jedoch sofort als befangen erklärt. Am Donnerstag wurde die Befragung der 120 nächsten potenziellen Juroren auf Freitag vertagt, weil ein Staatsanwalt plötzlich dringend zum Arzt musste. Insgesamt müssen zwölf Juroren und sechs Ersatzjuroren gefunden werden, bevor der Prozess mit den Auftaktplädoyers richtig losgehen kann. Das kann bei einem so schlagzeilenträchtigen Prozess mehrere Tage oder sogar Wochen dauern.

Die Auswahl der Geschworenen

Eine Geschworenen-Jury auszuwählen, kann bei einem so öffentlichkeitswirksamen Prozess mehrere Tage dauern - einige Beobachter gehen in diesem Fall sogar von bis zu zwei Wochen aus. Die Auswahl funktioniert erstmal nach dem Zufallsprinzip: Fast jeder Amerikaner ab 18 Jahren hat die Pflicht, alle paar Jahre "jury duty" zu leisten.

Wer dran ist, muss sich zum Gericht begeben, kommt dann, wenn eine Jury gebraucht wird, in die engere Auswahl und wird von den Anwälten der beiden Parteien ausführlich befragt, um jegliche Art von Befangenheiten auszuschließen. Die Befragung dauert so lange, bis die Anwälte eine passende Jury zusammengesucht haben.

Eröffnungsplädoyers ab 22. Jänner

Dem früheren Filmproduzenten Harvey Weinstein waren am Montag - dem Tag des Prozessbeginns in New York - auch in Los Angeles formal eine Vergewaltigung und ein sexueller Angriff zur Last gelegt worden. Anwalt Aidala erklärte, dies werde die New Yorker Geschworenen beeinflussen.

Richter Burke betonte aber, jeder Angeklagte gelte bis zu einer Verurteilung als unschuldig. Dies werde auch den Geschworenen im New Yorker Prozess erklärt. Burke schloss inzwischen nicht aus, dass der Fragebogen an die potenziellen Geschworenen um Fragen zu den Fällen in Los Angeles erweitert werden könnte. Burke hofft, am 22. Jänner mit den Eröffnungsplädoyers beginnen zu können.

Der Prozess gegen Weinstein hatte am 6. Jänner begleitet von einem gewaltigen Medieninteresse begonnen. In dem Verfahren geht es um zwei Frauen, die dem 67-jährigen "Pulp Fiction"-Produzenten eine Vergewaltigung beziehungsweise aufgezwungen Oralsex vorwerfen. Nur einige Stunden nach Prozessbeginn beschuldigte die Staatsanwaltschaft in Los Angeles Weinstein in zwei anderen Fällen formal einer Vergewaltigung und eines sexuellen Angriffs im Jahr 2013.

Mehr als 80 Frauen - darunter bekannte Schauspielerinnen wie Angelina Jolie, Salma Hayek und Gwyneth Paltrow - werfen dem einstigen Hollywood-Mogul jahrzehntelanges sexuelles Fehlverhalten vor. In den meisten Fällen sind die Vorwürfe aber verjährt oder die mutmaßlichen Opfer haben keine Anzeige erstattet. Hayek und Theron könnten allerdings als Zeuginnen in dem Prozess gehört werden. Ihre Namen stehen auf einer Liste von rund 90 möglichen Zeugen für den Prozess in New York.

Weinstein hat die Vorwürfe zurückgewiesen und spricht von einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft.

(APA/AFP)

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