Klassik

Musikverein: Muti lässt in Chicago alle Engel singen

Ein Gastspiel mit virtuosen Versionen von Musik des 20. Jahrhunderts

Die jüngste CD von Riccardo Muti und seinem Chicago Symphony Orchestra, eine mitreißende Darstellung von Schostakowitschs 13. Symphonie „Babi Yar“, erinnert daran, dass der Maestro als erster dieses Werk 1970, acht Jahre nach der russischen Erstaufführung, in Westeuropa dirigiert hat. Ein anderer russischer Klassiker des vorigen Jahrhunderts steht im Mittelpunkt von Mutis Europa-Tournee mit seinem amerikanischen Orchester: Sergej Prokofieff. Konkret dessen aus seiner Oper „Der feurige Engel“ gefilterte viersätzige Dritte Symphonie.

Deren Erarbeitung mit dem Chicago Symphony Orchestra vor mehr als einem Jahrzehnt war mit ein Anlass, ihm die Chefposition anzubieten, die er seit 2010 innehat. Mutis in jeder Hinsicht brillante Interpretation arbeitet die rhythmisch-geschärfte Theatralik wie die Innigkeit des zweiten Satzes gleichermaßen souverän heraus. Der erste Wiener Gastspielabend zeigte das Orchester in bestechender Form, nicht nur bei den seit jeher vorzüglichen Bläsern, sondern auch bei den Streichern.

Das bewies schon Paul Hindemiths ebenfalls von der gleichnamigen Oper inspirierte Symphonie „Mathis der Maler“, die mit einem „Engelkonzert“ beginnt. Ob man ihre kunstvolle Kontrapunktik je so transparent, klanglich so differenziert und mit solch melodischem Charme ausgeführt gehört hat wie diesmal?

Eröffnet wurde das Konzert mit Wagners mit zündender Italianità garnierten „Fliegender Holländer“-Ouvertüre. Für die Standing Ovations bedankten sich Dirigent und Orchester mit einer klangsinnlichen Interpretation von Alexander Skrjabins „Rêverie“. (dob)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.01.2020)

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