China

Jahr der Ratte im Schatten des Virus

(c) APA/AFP/PHILIP FONG
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Der Ausbruch des Coronavirus könnte Chinas Wirtschaft kurzfristig zusetzen. Langfristig sind andere Themen wichtig, etwa der Übergang zur Konsumgesellschaft.

Wien/Shanghai. In China hat am Samstag das Jahr der Ratte begonnen. „Der Brauch, das neue Jahr mit mehrtägigen Feierlichkeiten willkommen zu heißen, dürfte heuer aufgrund der Ausbreitung des Coronavirus gedämpfter ausfallen, zahlreiche Neujahrsfeiern wurden abgesagt“, berichtet Jasmine Kang, Portfoliomanagerin des Comgest Growth China.

Negative Auswirkungen dürfte das Virus vor allem für Airlines wie China Southern haben, meint Aneeka Gupta von Wisdom Tree. Da die Konsumenten tendenziell zu Hause bleiben, sollten auch der stationäre Handel, Restaurants und Kinos leiden, der Onlinehandel hingegen profitieren. Chinas langfristige Aussichten hingen aber davon ab, ob der Übergang von der Industrie- zur Konsum- und IT-Gesellschaft gelingt.

Langfrist-Anleger seien gut beraten, sich von der Sorge wegen des Coronavirus nicht beeinflussen zu lassen, aber auch nicht den steigenden Kursen hinterherzurennen, meint Comgest-Managerin Kang. Denn der chinesische Aktienmarkt sei noch immer für seine hohe Volatilität bekannt. Über die vergangenen zwölf Monate gehörte der IT- und gesundheitslastige China Shenzhen Index mit 36 Prozent Wertzuwachs auf Dollarbasis zu den besten Börsen der Welt und konnte sogar den US-amerikanischen Nasdaq hinter sich lassen.

Ethik wird wichtiger

Wirtschaftlich sah es zuletzt gut aus: Der (noch nicht ausgestandene, aber vorerst entschärfte) Handelskonflikt mit den USA habe gezeigt, dass China sich zu einer modernen Dienstleistungs- und Konsumgesellschaft gewandelt habe. Zudem sei das Wachstumsmodell nachhaltiger geworden. Die Realeinkommen sowie die Mittelklasse wachsen stetig. Inzwischen steigt jedoch die Sorge wegen der hohen Verschuldung. Nach dem hervorragenden Börsenjahr 2019 sollte man nicht mehr den breiten Markt kaufen, sondern gezielt auf Unternehmen setzen, die vom Wandel des Wachstumsmodells profitieren, meint Kang. Auch die Verbesserung der Transparenz und der Umgang der Unternehmen mit Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsthemen (ESG) würden zunehmend wichtig.

Ein Paradebeispiel für das Zusammenspiel von Reformdruck und Verbesserungen der Governance zugunsten von Minderheitsaktionären ist Shandong Weigao. Das Unternehmen stellt medizintechnische Verbrauchsartikel wie Einmalspritzen her und profitiert vom dynamisch wachsenden Gesundheitsmarkt. Doch lange Zeit war das Wachstum unterdurchschnittlich.

Aktienbeteiligungen waren nur dem Topmanagement vorbehalten und nicht handelbar. Durch die Reform des chinesischen Kapitalmarktes änderte sich das. Neue Aktionäre kamen dazu und machten Druck. Der Gewinn pro Aktie und der Aktienkurs des Unternehmens konnten sich in der Folge über die vergangenen drei Jahre verdoppeln.  (b. l.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.01.2020)

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