Bombenserie

Franz Fuchs: Terror erschüttert Österreich

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Vier Jahre lang hält der Attentäter Franz Fuchs das Land mit einer Serie von insgesamt 27 Bombenanschlägen in Atem.

Das Attentat auf die Roma in Oberwart war nicht das einzige, aber definitiv das folgenschwerste der Bombenserie, die Österreich im Laufe von drei Jahren tief erschüttert. Doch auch nachdem keine Briefbomben der mysteriösen Bajuwarischen Befreiungsarmee (BBA) mehr ankommen, kann das Land nicht aufatmen. Denn erst ein Jahr nach der letzten Bombe wird durch einen Zufall der Täter, der Südsteirer Franz Fuchs, gefasst.

Es ist ein etwas dickerer Brief, den der Pfarrer August Janisch am 3. Dezember 1993 um 11 Uhr im Pfarramt zu öffnen versucht – nicht ahnend, dass er das erste Opfer in einem der spektakulärsten Kriminalfälle des Landes sein wird. Das Kuvert explodiert, der Geistliche wird schwer an beiden Händen und im Gesicht verletzt. Nur etwa eine Stunde später explodiert in den Händen der Moderatorin Silvana Meixner von der ORF-Minderheitenredaktion ebenfalls ein Brief. Ein Finger wird abgerissen. Drei Tage später wird dem damaligen Wiener Bürgermeister durch eine Briefbombe die linke Hand verstümmelt. Auch die Sekretärin eines Wiener Anwalts wird durch eine Briefbombe verletzt, adressiert war diese an den „Islamischen Ausländer-Hilfsverein“.

Motiv Rassismus. Mit weiteren sechs Briefbomben, die aber rechtzeitig entschärft werden können, wird klar, worauf die BBA abzielt: auf Menschen, die aufgrund ihrer Herkunft „anders“ sind, oder auf jene, die sich gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit stellen. So werden Bomben unter anderem an die damalige Frauenministerin Johanna Dohnal (SPÖ), die Grünen-Politikerinnen Madeleine Petrovic und Terezija Stoisits sowie den damaligen Caritas-Präsidenten Helmut Schüller adressiert.

Die Attentate hätten das Klima in Österreich widergespiegelt, werden Historiker später analysieren. Nicht nur durch die Anschlagserie wird in den frühen Neunzigern eine heftige und intensive Migrationsdebatte geführt.

Auch deshalb suchen die Ermittler den Täter in der rechtsextremen Szene, sie verhaften zwei Männer. Als ein halbes Jahr später, am 24. August 1994, an der Klagenfurter Rennerschule eine Bombe hochgeht, bei dem der Polizist Theo Kelz beide Hände verliert, ist die Hoffnung dahin, dem Spuk ein Ende gesetzt zu haben. Drei weitere Bomben werden daraufhin abgefangen, bis der Terror mit dem Attentat in Oberwart seinen Höhepunkt erreicht und vier Menschen in den Tod reißt. Nach einem Anschlag in Stinatz kurz darauf taucht abermals ein Bekennerschreiben der BBA auf.

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Im Juni 1995 geht eine neue Serie los, diesmal sogar in Deutschland. In München verletzt eine an die Fernsehmoderatorin Arabella Kiesbauer adressierte Briefbombe eine Pro7-Mitarbeiterin. Weitere Menschen, darunter eine Flüchtlingshelferin und ein aus Syrien stammender Gemeindearzt im Weinviertel, werden verletzt. Andere Bomben werden abgefangen oder detonieren, bevor die Adressaten sie in den Händen halten. Die letzte Bombe kann gut ein Jahr später, im Dezember 1996, entschärft werden, bevor sie die Stiefmutter des damaligen Innenministers Caspar Einem erreicht.

Gefasst wird der 48-jährige Franz Fuchs erst am 1. Oktober 1997 bei einer Gendarmeriekontrolle in seinem Heimatort Gralla. Als er angehalten wird, zündet Fuchs einen Sprengsatz und verliert beide Hände. Bei einer Hausdurchsuchung werden weitere Bomben gefunden.

Bei seinem Prozess Anfang 1999 leugnet Fuchs nichts. Stattdessen skandiert er rassistische Parolen, sodass er schließlich in seiner Abwesenheit zur lebenslänglicher Haft verurteilt wird. Ein Jahr später begeht er in seiner Zelle Suizid.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2020)

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