„Reigen"

„Manche haben das Sextoy schon in der Tasche"

Philipp Kerber
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„Paarung steht im Raum!" Schauspielerin Michaela Kaspar und Autor Thomas Richter sprechen über ihren „Reigen", frei nach Schnitzler.

„Lassen Sie uns über Sex reden!" Diese Aufforderung bringt Schauspielerin Michaela Kaspar und Autor Thomas Richter nicht in Verlegenheit. Es geht um „Reigen", frei nach Schnitzler, ab 10.  Februar im TAG zu erleben. Die Uraufführung des Originals 1920 in Berlin löste einen Skandal aus. Denn am Ende jedes Aktes der Plänkelei von Ehefrau, Liebhaber, süßem Mädel oder Soldat steht ein Geschlechtsakt. Das wird im TAG anders, aber nicht aus Prüderie. „Bei unserem ,Reigen‘ geht es um nicht funktionierende Sexualität", sagt Schauspielerin Michaela Kaspar, die eine Sexarbeiterin und eine Kriminalbeamtin spielt: „Dass es bei uns am Ende der Szenen nicht zur Sache geht, weist darauf hin, dass wir heute weniger zum Sex kommen als früher, obwohl wir so sexualisiert sind." Ist Sex noch ein Tabu? „Das ist die Frage", überlegt Thomas Richter, der Schnitzlers Drama komplett neu geschrieben hat: „Wir müssen herausfinden, worin das Tabu liegt. Im Internet sind wir mit Stimulationen überhäuft, es gibt ein Überangebot an Ratgebern. Wir erleben eine Übersensibilisierung, wie wir uns als sexuelle Wesen wahrnehmen."

Ist das wirklich wahr oder nur Fiktion? Richter: „Mir geht es darum, dass auch sexuelles Begehren ohne Geschlechtsakt soziale Beziehungen unterwandern kann. Zum Beispiel durch die Präsenz des Präkoitalen in vielen virtuellen Räumen. Es gibt Blogs, Partnerbörsen usw. im Netz. Aber letztlich ist doch, was zwischen zwei Menschen abgeht, immer noch interessanter als das, was sich zwischen Computerschirmen ereignet." Darum gehen die Leute gern aus und flirten, oder? „Die Möglichkeit der sexuellen Paarung steht immer im Raum," meint Richter: „Man optimiert sich kleidungsmäßig, nimmt Kondome mit, ist überall rasiert. Manche haben sogar ihr Sextoy schon in der Tasche. Ich bin neugierig, ob es einen Tag geben wird, wo Sexspielzeug im Wohnzimmer Gästen präsentiert wird wie früher die CD-Sammlung."

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