Energie

Pipeline-Streit gefährdet Kanadas LNG-Träume

Die traditionellen Clan-Häuptlinge der Wet'suwet'en wehren sich gegen das Projekt und protestieren mit ihren Unterstützern.
Die traditionellen Clan-Häuptlinge der Wet'suwet'en wehren sich gegen das Projekt und protestieren mit ihren Unterstützern.REUTERS
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Diese Woche gab ein kanadisches Gericht grünes Licht für eine Erdgaspipeline quer durch die Gebiete der Ureinwohner. Die lokalen Stämme sind dafür, die alten Clan-Häuptlinge dagegen. Der Streit droht zu eskalieren.

Seattle. In Kanada steht Justin Trudeau vor der ersten größeren Herausforderung seiner zweiten Amtsperiode. In Britisch-Kolumbien, nördlich der Großstadt Vancouver, liefert sich die kanadische Polizei seit Wochen eine Auseinandersetzung mit den lokalen Ureinwohnern. Kern des Disputs: Die Errichtung einer Pipeline quer durch die traditionellen Landgebiete der Ureinwohner.

Der Energiekonzern Coastal GasLink will mit einer neuen Gaspipeline Erdgas zum LNG-Verladehafen Kitimat an der Westküste Kanadas transportieren. Die von den Montney Gasfeldern (Britisch-Kolumbien) ausgehende Pipeline soll insgesamt 670 Kilometer lang werden und knapp 6,6 Milliarden kanadische Dollar (4,52 Mrd. Euro) kosten. Hinter dem Projekt steht ein Konsortium unter der Führung des britisch-holländischen Ölmultis Shell. Das Ziel lautet: Kanadas Gaslieferungen als Flüssiggas (LNG) nach Asien zu verschiffen. Konstruktionsbeginn ist Sommer, bis zum Jahr 2023 will man fertig sein.

Die zu errichtende Pipeline verläuft dabei durch mehrere Gebiete der traditionellen Ureinwohner Kanadas, darunter auch die der Wet'suwet'en. Während sich die gewählten und offiziellen Vertreter der lokalen Ureinwohner für den Bau der Pipeline aussprechen, wehren sich jedoch die traditionellen Clan-Häuptlinge der Wet'suwet'en gegen das Projekt: CoastalLink und deren Partnerfirmen würden das Land unerlaubt betreten und werden aufgefordert die Gebiete „unverzüglich zu verlassen“. „Wir bestehen darauf, dass ihr unsere Menschenrechte, unsere Rechte als Ureinwohner und unsere Souveränität als traditionelle Wet'suwet'en Stammesführer anerkennt“, so die Wet'suwet'en in einem Brief an Coastal GasLink.

Gerichte geben grünes Licht

Coastal GasLink hat jedoch zumindest laut Kanadas Rechtsprechung alles richtig gemacht. Alle gewählten Stammesoberhäupter der betroffenen Ureinwohnerstämme, durch deren Land die Pipeline führen wird, haben sich für einen Bau ausgesprochen und haben Coastal GasLink Grünes Licht gegeben. „Wir sind Stolz auf die breite Unterstützung (...) und dass alle 20 Stämme mit uns Verträge geschlossen haben“, so GasLink-CEO David Pfeiffer in einem offenen Brief am Donnerstag. „Das macht jedoch die aktuelle Situation umso frustrierender.“

Der Pipelinekonflikt ist mehr als nur eine lokalpolitische Angelegenheit. Hinter der Pipeline steht „LNG Canada“ und damit ein Projekt, das Trudeau bereits vor Jahren mit grünem Licht bedacht hat. Das Großprojekt LNG Canada zur Herstellung von Flüssiggas (LNG) wäre „Kanadas größte private Investition“, so Trudeau bei der Ankündigung des Projekts im Jahr 2018. Die Gesamtprojektkosten von LNG Canada, worunter auch die Coastal GasLink-Pipeline fällt, summieren sich den Angaben zufolge auf knapp 40 Mrd. Kanadische Dollar. Flüssiggasterminals ermöglichen die Verladung von Gas auf Containerschiffe, gelten jedoch als signifikante Investition. Das Kitimat-Terminal an der Westküste Kanadas wäre das zweite LNG-Terminal in dem nordamerikanischen Land. (APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.02.2020)

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