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Ölhändler stecken Milliarden in klimafreundliche Projekte

Wer neue Geldquellen sucht, wird selbst bei Kuhfladen fündig: Sie eignen sich für die Biostrom-Erzeugung
Wer neue Geldquellen sucht, wird selbst bei Kuhfladen fündig: Sie eignen sich für die Biostrom-ErzeugungPresse/Fabry
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Viel Kapital, zu wenig Projekte: Der Druck, das Thema Nachhaltigkeit zu bedienen, nimmt zu. Doch der Weg zu neuen Geschäftsmodellen ist noch weit.

Windparks, blauer Wasserstoff, Biostrom aus Kuhdung - die größten Ölhändler der Welt stecken mittlerweile Milliarden in klimafreundliche Projekte. Sie suchen neue Geldquellen bei alternativen Energien. Speziell für die Energiebranche beginnt unter dem wachsenden Druck von Investoren, Regierungen und Aktivisten eine neue, umweltfreundliche Ära.

Für die Handelshäuser im Ölgeschäft tickt die Uhr noch etwas schneller: Bereits jetzt schmelzen die Gewinnmargen wegen stärkerer regulatorischer Kontrollen und einer wachsenden Transparenz in der Branche dahin.

Deswegen suchen Marktteilnehmer wie Vitol und Trafigura abseits von Öl nach neuen Geschäftsfeldern in den Sektoren Windparks, Wasserstoff, Solar, Elektromobilität, Biokraftstoffe und Biomethan. Aber sie sind bisher noch auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen. "Niemand hat bisher herausgefunden, wie man Geld verdienen kann", sagte Jean-Francois Lambert vom Beratungsunternehmen Lambert Commodities. "Die Handelsfirmen loten das jetzt aus."

In ihrem klassischen Geschäft verdienen die Öl-Lieferanten daran, dass sie Preisunterschiede beispielsweise zwischen verschiedenen Ländern und Regionen und Produkten ausnutzen. Sie tätigen Geschäfte, die andere Unternehmen entweder nicht erkennen oder für zu riskant halten.

EZB treibt gründe Agenda voran

Vergleichbare Möglichkeiten im Bereich der alternativen Energien sind aber rar. "Erneuerbare Projekte werden für Investoren immer attraktiver, aber es gibt viel Kapital, das hinter einer begrenzten Anzahl von Projekten her ist", sagt Vitol-Chef Russell Hardy. "Das richtige Projekt zum richtigen Preis zu finden, ist nicht einfach." Noch machen die Handelsfirmen 70 bis 80 Prozent ihrer Umsätze mit Öl und Ölprodukten.

Dabei nimmt der Druck, das Thema Nachhaltigkeit zu bedienen, auch seitens der Finanzdienstleister zu. Im September führte etwa die französische Bank Natixis interne Geldstrafen für Geschäfte ein, die nicht umweltfreundlich sind.

Auch die Europäische Zentralbank (EZB) treibt eine grüne Agenda voran, weswegen andere große europäische Banken nachziehen könnten. Die in der Kritik von Umweltaktivisten stehenden Ölhändler versuchen deswegen unter anderem, im Handel mit Strom aus erneuerbaren Energien Fuß zu fassen. Vitol und die in Genf ansässige Mercuria haben bereits seit längerem in entsprechendes Personal investiert, andere wie Trafigura und Gunvor Group stehen erst am Anfang.

Zudem stecken die meisten Handelsfirmen mittlerweile hohe Summen in Solar- und Windparks. Die Vitol-Gruppe will in ihrem Kraftwerk im britischen Immingham sogenannten blauen Wasserstoff produzieren, der aus Erdgas gewonnen wird. Damit sollen die Erdölraffinerien Humber und Lindsey mit Strom versorgt werden.

Auch mit Abfall soll künftig Geld gemacht werden. Vitol hat in mehrere Start-ups investiert, darunter auch Firmen, die Kohle- und Kunststoffabfälle in Treibstoff umwandeln. In Idaho hat das Unternehmen in einen "Bio-Vergaser" für Kuhdung investiert, der 700.000 Kubikfuß Biomethan pro Tag produziert.

Schwierige Energiewende

Das Bergbau- und Handelsunternehmen Glencore hat die Kohleproduktion gedeckelt und reduziert die Dieselerzeugung in einigen seiner abgelegenen Bergwerke durch den Einsatz von Wasserkraft, Wind und elektronischen Fahrzeugen. Trafigura und Glencore konzentrieren sich auf Zulieferungen für Elektroauto-Batterien. So hat Trafigura in das finnische Bergbauunternehmen Terrafame investiert, um Nickel und Kobalt zu produzieren.

Trotz verstärkter Bemühungen steht der Branche Experten zufolge noch eine große Wegstrecke hin zu einem nachhaltigeren Geschäftsmodell bevor. "Die Energiewende wird schwieriger und länger dauern, als die Leute denken", sagte Gunvor-Chef Torbjorn Tornqvist zu Reuters.

Die Ölnachfrage nehme zu, obwohl der Öl-Anteil am Energiemix sinke. "Gas muss die Kohle ersetzen", sagte der Manager. Dadurch könnten Treibhausgase erheblich reduziert werden. "Wir haben uns aus kommerziellen Gründen aus dem Kohlehandel zurückgezogen, aber jetzt werde ich aus Überzeugung nicht wieder damit anfangen."

(APA/awp/sda/reu)

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