Konjunktur

Deutsche Industrie erwartet kaum Wirtschaftswachstum

Exporte dürften laut DIHK-Umfrage stagnieren. Das größte Geschäftsrisiko mit 55 Prozent bleibt trotz eines leichten Rückgangs der Fachkräftemangel. Der Auftragsbestand sank den sechsten Monat in Folge.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet für heuer nur mit einem moderaten Wirtschaftswachstum. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) dürfte um 0,7 Prozent zulegen, erklärte der Verband am Mittwoch in Berlin unter Berufung auf eine Umfrage unter 26.000 Unternehmen. 2019 waren es 0,6 Prozent - das geringste Wachstum seit 2013.

"Nach wie vor erwarten mehr Unternehmen für dieses Jahr schlechtere Geschäfte als bessere", sagte DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben. Es gebe kaum echtes Wachstum. Ein Großteil des erwarteten Zuwachses sei den vier zusätzlichen Arbeitstagen in diesem Jahr geschuldet. Seit der Herbstumfrage habe sich das trübe Bild zwar etwas aufgehellt. "Die Unsicherheiten durch das Coronavirus kommen jetzt aber hinzu."

Positive Impulse erwartet der DIHK für heuer vor allem dank staatlicher Ausgaben. Der private Konsum und Investitionen in neue Anlagen sollten ebenfalls einen Beitrag leisten - weniger allerdings als im Vorjahr. Der Export dürfte stagnieren, nachdem es 2019 noch ein Plus von 0,9 Prozent gegeben hatte.

Für 46 Prozent der befragten Unternehmen stellen die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen ein Risiko für das eigene Geschäft dar. "Das ist der höchste Wert, den wir je gemessen haben", sagte Wansleben. Er verwies auf den Handelsstreit der USA mit China und der EU sowie auf Unsicherheiten über die künftigen Beziehungen der Europäischen Union zu Großbritannien nach dem Brexit. Auch die Energie- und Rohstoffpreise sind ein großes Thema. 35 Prozent der Betriebe geben dies als Geschäftsrisiko an. "Viele Unternehmen bangen geradezu darum, dass die Versorgungssicherheit auf höchstem Niveau erhalten bleibt und zugleich die Strompreise nicht noch weiter steigen."

Das größte Geschäftsrisiko mit 55 Prozent bleibt trotz eines leichten Rückgangs der Fachkräftemangel. Die Investitionsneigung der Unternehmen hat sich gegenüber Herbst 2019 leicht gebessert, bleibt aber auf niedrigem Niveau. "Während Anfang 2018 noch 39 Prozent der Industriebetriebe mehr investieren wollten, sind es aktuell nur noch 26 Prozent. Im gleichen Zeitraum hat sich die Zahl der Industrieunternehmen, die weniger investieren wollen, mehr als verdoppelt."

Auftragsbestand erneut gesunken

Wegen der sinkenden Nachfrage aus dem In-und Ausland ist der Auftragspolster der deutschen Industriebetriebe Ende 2019 den sechsten Monat in Folge geschmolzen. Der Bestand nahm im Dezember um 0,3 Prozent zum Vormonat ab, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Dabei fielen die nicht erledigten Aufträge aus dem Inland um 0,1 Prozent, die aus dem Ausland um 0,3 Prozent.

Als Bestand wird die Summe der Auftragseingänge eines Monats gewertet, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu Umsätzen geführt haben und die nicht storniert wurden.

In den einzelnen Industriebranchen fiel die Entwicklung sehr unterschiedlich aus: Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern wie Chemikalien gab es gegen den Trend einen Anstieg von 0,4 Prozent, bei den Herstellern von Investitionsgütern wie Maschinen dagegen einen Rückgang von 0,4 Prozent. Die Konsumgüterhersteller meldeten ein Wachstum von 0,7 Prozent. Der deutschen Industrie machen die schwächere Weltkonjunktur und Handelskonflikte zu schaffen.

Die Reichweite des Auftragsbestands blieb im Dezember nahezu unverändert: Sie legte minimal zu auf 5,7 Monate. Die Reichweite gibt an, wie viele Monate die Betriebe bei gleichbleibendem Umsatz ohne neue Bestellungen theoretisch produzieren müssten, um die vorhandene Nachfrage abzuarbeiten. Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern lag die Reichweite bei 2,9 Monaten, bei den Produzenten von Investitionsgütern bei 7,9 Monaten und in der Konsumgüterbranche bei 2,1 Monaten.

(APA/Reuters)

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