Mieten

Berliner Bumerang

Neubauten in guter Lage werden in Berlin immer teurer. In ältere Wohnhäuser wird kaum mehr investiert.
Neubauten in guter Lage werden in Berlin immer teurer. In ältere Wohnhäuser wird kaum mehr investiert.Getty Images
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Ende Jänner hat die Berliner Stadtregierung den Mietpreisdeckel beschlossen. Doch zu einer Entlastung führt dieser Schritt wohl nicht.

Wien. Am kommenden Sonntag soll in Berlin der sogenannte Mietendeckel in Kraft treten. Damit ist das Gesetz zur Neuregelung gesetzlicher Vorschriften zur Mietenbegrenzung gemeint, das vom Berliner Abgeordnetenhaus am 30. Januar 2020 beschlossen wurde. Die neuen Regelungen bewirken, dass die Mieten rückwirkend zum 18. Juni 2019 für mindestens fünf Jahre eingefroren werden. Allerdings gilt der Mietpreisdeckel nicht für Neubauten, die seit 2014 bezugsfertig sind, oder Wohnraum, der öffentlich gefördert worden ist. Gleichzeitig sollen künftig Mietobergrenzen gelten, deren Höhe von Baujahr, Lage und Ausstattung abhängt. Maßstab hierfür ist das Preisniveau des aktuellen Berliner Mietenspiegels.

Die rot-rot-grüne Stadtregierung verspricht sich vom Mietpreisdeckel eine massive Entlastung des Berliner Wohnungsmarktes. Welche Auswirkungen das neue Gesetz schon vor seinem Inkrafttreten auf den Berliner Wohnungsmarkt hat, zeigt nun eine Analyse des deutschen Ifo-Instituts. Dafür wurden Annoncen auf der Immobilienplattform Immowelt von Jänner 2017 bis Jänner 2020 ausgewertet.

Das Ergebnis: In Berlin liegen die Mieten fast aller auf immowelt.de annoncierten Wohnungen (96,7 Prozent) über dem Mietendeckel. Bei 83,5 Prozent liegt die Abweichung bei über 20 Prozent. Das heißt: Alle Mieten, die mehr als 20 Prozent höher liegen, müssen nach Inkrafttreten des Gesetzes gesenkt werden – auch wenn die Vermietung vor dem Stichtag im Juni 2019 stattfand.

Weniger Wohnungen am Markt

Doch was heißt das nun für die Eigentümer bzw. die Vermieter dieser Wohnungen? „Unsere Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass die Eigentümer der regulierten Mietwohnungen einen Teil ihrer Mieteinnahmen verlieren. Man kann damit rechnen, dass frei werdende Wohnungen vielfach dem Mietmarkt entzogen und als Eigentumswohnungen verkauft werden. Neben den Vermietern sind also auch Wohnungssuchende in Berlin die Verlierer des Mietendeckels“, sagt Clemens Fuest, Präsident des Ifo-Instituts.

Bereits die Ankündigung des Mietendeckels hat demnach die Vermieter in Berlin beeinflusst: Seit Juni 2019 steigen die Mieten von regulierten Wohnungen langsamer als in den übrigen 13 deutschen Städten mit mehr als 500.000 Einwohnern. Bei nicht regulierten Wohnungen (Neubauten ab 2014) stiegen die Mieten hingegen schneller als in den anderen deutschen Großstädten.

Das Fazit des Ifo-Instituts: Die Schere auf dem Berliner Immobilienmarkt geht damit weiter auseinander. Neubauten, die häufig in bevorzugten Lagen zu finden sind, werden immer teurer. Der Bestand entwickelt sich preislich schwächer. Dadurch sinkt der Anreiz, in die Aufwertung von Bestandsimmobilien zu investieren. „Die beobachteten Auswirkungen des Berliner Mietendeckels werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht den gewünschten Entlastungseffekt haben, sondern das Auseinanderdriften auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärfen“, sagt Cai-Nicolas Ziegler, Vorstandsvorsitzender der Immowelt AG. „Das zeigt das deutlich stärker steigende Mietpreisniveau bei nicht regulierten Neubauten. Eine solche Entwicklung kann für eine Stadtgesellschaft nicht gut sein und widerspricht dem eigentlichen Zweck des Gesetzes. Statt in das Eigentumsrecht von zumeist privaten Vermietern einzugreifen und Investitionen in die Wohnungswirtschaft zu hemmen, sollte die Politik sich darauf konzentrieren, geförderten Wohnraum zu schaffen, wo er gebraucht wird.“

Berlin kauft neuen Boden

Mittlerweile hat die Berliner Stadtregierung schon wieder neue Pläne gefasst. Wie sie vor zwei Tagen bekannt gab, wird sie einen „Bodenfonds“ gründen und um 250 Millionen Euro Grund in Berlin aufkaufen. So sollen die Herausforderungen gelöst werden, die eine wachsende Stadt zu bewältigen hat. Die Politiker wollen also etwa neue Schulen errichten, Parks anlegen und Öffis ausbauen lassen, sagte die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Die Linke). Als Erstes will Berlin gleich ein ganzes Grundstückspaket von der Deutschen Bahn erwerben. (hec)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.02.2020)

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