Krankenkasse

Warum Häftlinge versichert werden

(c) FABRY Clemens
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Die medizinische Betreuung von Strafgefangenen kostet derzeit 94 Mio. Euro. Das ginge über die Krankenkassen billiger – würde aber zu höheren Kosten für die Länder führen.

Wien. Die FPÖ wittert einen Skandal: „Über 50 Prozent der Häftlinge in Österreichs Gefängnissen sind Ausländer. Die freut es sicher, wenn die heimischen Steuerzahler ihre Gebiss-Sanierung finanzieren“, postete der Linzer Stadtrat Michael Raml und bebilderte das mit einem Bild eines dunkelhäutigen Manns mit Goldzähnen. Anlass für die Aufregung, die Raml eine Anzeige wegen Verhetzung eingebracht hat, ist der Plan der Regierung, Häftlinge in das System der Sozialversicherung aufzunehmen. Doch ganz so abwegig ist der Plan auch für die FPÖ nicht: Die Freiheitlichen forderten vor vier Jahren genau dies selbst in einem Gesetzesantrag.

Worum geht es? Häftlinge sind derzeit nicht sozialversichert, für die gesundheitliche Versorgung kommt der Staat auf. Und das kostet: 94 Millionen wurden 2018 dafür ausgegeben, Tendenz stark steigend (siehe Grafik). Der Staat zahlt dabei sowohl Ärzten als auch Spitälern die Tarife, die für Privatpatienten fällig werden. Dass dies geändert wird, forderte der Rechnungshof schon in den Jahren 2012 und 2014. Und auch die türkis-blaue Regierung arbeitete schon an einem Versicherungsmodell für Häftlinge.

Nicht kostendeckend?

Die Krankenkassen sind mit diesem Ansinnen nicht ganz glücklich. Sie fürchten, dass sie letztlich auf den Kosten sitzen bleiben. Und dafür haben sie gute Gründe: Schon jetzt versichert die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) drei Patientengruppen, die keine eigenen Beiträge zahlen, zwei davon nicht kostendeckend: Für die Arbeitslosen gibt es vom AMS einen Pauschalbetrag von 374 Millionen Euro pro Jahr.

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