Eine Umfrage unter österreichischen Pfarrern beweist: Jeder zweite (!) denkt in vielen wichtigen Fragen anders als Rom.
Jetzt ist es amtlich: In der katholischen Kirche Österreichs versagen nicht nur Laien Rom die Gefolgschaft. Bei Priestern ist das nicht anders, wie eine Umfrage ergab. Eine (dünne) absolute Mehrheit der Pfarrer stimmt der Weihe von Frauen zu Priesterinnen, eine satte Vier-Fünftel-Mehrheit der Weihe verheirateter Männer zu. Für den Vatikan kommt dieser Befund einem Desaster gleich. Für die römischen Erfüllungsgehilfen, als die manche Bischöfe gerne auftreten, übrigens ebenso.
Natürlich könnte der Vatikan nun so reagieren, wie in den 1980er-Jahren, als versucht wurde, mit fatalen Bischofsernennungen Österreich auf Kurs zu bringen. Nur müsste diesmal auch ein Großteil des niederen Klerus ausgetauscht werden. Und des Kirchenvolks. Denn der Druck Richtung Reformen ist in den vergangenen Jahren exponentiell gestiegen. Österreichs Bischöfen – ob sie es wollen oder nicht, ob es ihnen leicht fällt (Gibt es auch nur einen? Bitte melden!) oder nicht – wird nichts anderes übrig bleiben, als den Weg entschlossener weiterzugehen, den sie zuletzt eingeschlagen haben. Mit Diözesanversammlungen, Reformprozessen und Dialogveranstaltungen wird man diesmal aber nicht das Auslangen finden. Die Anliegen müssen kraftvoll in Rom vorgetragen werden. Sonst könnte gelten: Wer zu spät kommt ... Selbst wenn es Bischöfe, selbst wenn es den Papst trifft.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2010)