Abgasskandal

VW-Affäre: Hoffnung für Österreicher

VW bot vorerst nur deutschen Kunden einen Vergleich an.
VW bot vorerst nur deutschen Kunden einen Vergleich an.(c) REUTERS (PAULO WHITAKER)
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Österreichische Autofahrer, die vorerst bei den Vergleichsverhandlungen leer ausgegangen sind, könnten doch noch zu ihrem Geld kommen, meinen deutsche Anwälte.

Wien. Der VW-Skandal um manipulierte Abgaswerte bei Dieselautos ist für Anwälte ein großes Geschäft, zumal Hunderttausende Betroffene via Sammel- oder Einzelklagen gegen den Autobauer vorgehen. Die deutschen Vergleichsverhandlungen zwischen VW und Verbraucherschützern sind bisher ohne Erfolg. Österreicher wurden zuletzt nicht berücksichtigt. Nun wirbt eine deutsche Kanzlei um österreichische Kunden.

Vorletzte Woche waren die außergerichtlichen Vergleichsgespräche zwischen Volkswagen und dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) wie berichtet vorerst geplatzt, woraufhin VW Hunderttausenden deutschen Kunden eigenmächtig eine Entschädigung zwischen 1350 und 6275 Euro angeboten hat. Für die rund 1100 Kunden aus Österreich und Südtirol, die sich der deutschen Musterfeststellungsklage des VZBV angeschlossen haben, gilt das Angebot nicht.

Einigung in Sicht

Eine Woche später haben sich die deutschen Streitparteien wieder angenähert. Der Präsident des Oberlandesgerichts (OLG) Braunschweig und ehemalige Staatssekretär im niedersächsischen Justizministerium, Wolfgang Scheibel, hat die Gegner wieder an einen Tisch geholt, er fungiert nun als sogenannter Güterichter.

Beobachter halten es deshalb für durchaus wahrscheinlich, dass sich Volkswagen und der Verbraucherschutzverband recht bald einigen. Der Autokonzern dürfte Interesse daran haben, einen großen Vergleich noch vor dem 5. Mai abzuschließen, denn an diesem Tag beschäftigt sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit dem Dieselskandal. Bisherige Verfahren, die bis zum BGH gekommen waren, hatte sich VW mit Vergleichen vom Hals geschafft. Richter des deutschen Höchstgerichts hatten daraufhin im Vorjahr von sich aus angedeutet, dass sie eher verbraucherfreundlich entschieden hätten.

Denn Gericht ist nicht gleich Gericht, das weiß auch die deutsche Anwaltskanzlei Goldenstein & Partner, die dieses erste Verfahren vor dem Bundesgerichtshof führt und in der Abgasaffäre rund 17.800 Mandanten vertritt. In Niedersachsen, dem deutschen Bundesland, wo VW seinen Sitz hat, ließen verbraucherfreundliche Urteile ebenso auf sich warten wie in Österreich, so die Kanzlei am Dienstag.

Anwalt Claus Goldenstein will daher, wie es auch der österreichische Verbraucherschützer Peter Kolba vorgeschlagen hatte, nach Stuttgart in Baden-Württemberg gehen. Bei Stuttgart hat die Robert Bosch GmbH ihren Sitz. „Das Unternehmen hat sich im VW-Abgasskandal mit der Lieferung von mehreren Millionen Motor- und Dosiersteuergeräten strafbar gemacht. Mit deren Software manipulierte Volkswagen die eigenen Dieselfahrzeuge so, dass diese „im Testbetrieb einen deutlich geringeren Schadstoffausstoß vorgaben, als es tatsächlich der Fall war“, sagte Goldenstein in einer Pressemitteilung.

Stuttgart gut für Verbraucher

„In Stuttgart entscheiden die Gerichte im Abgasskandal bislang in nahezu jedem Fall verbraucherfreundlich.“ Die ersten österreichischen Rechtsschutzversicherungen hätten für dieses Vorgehen bereits eine Deckungszusage gegeben.

Goldensteins Kanzlei habe für ihre Mandanten bisher durchschnittlich Einmalzahlungen in Höhe von 4600 Euro durchgesetzt, heißt es. „Zudem haben wir die Erfahrung gemacht, dass die meisten Fahrzeughalter ihren manipulierten Pkw lieber an VW zurückgeben wollen. In diesem Fall muss der Wolfsburger Konzern nicht selten mehrere Zehntausend Euro pro Pkw zahlen – Summen, die ein Verkauf auf dem Gebrauchtwagenmarkt nicht einbringen würde“, betonte Goldstein.

Nach der BGH-Entscheidung werde endgültig Rechtssicherheit in der Sache herrschen. (ag.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2020)

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