Menschenrechte

Zehn Jahre Haft für entführten Buchhändler Gui

Gui Minhai (Archivbild) soll zehn Jährige hinter Gitter landen.
Gui Minhai (Archivbild) soll zehn Jährige hinter Gitter landen.(c) APA/AFP/PHILIPPE LOPEZ
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Drakonische Strafe für Peking-kritischen Buchhändler demaskiert den chinesischen Rechtsstaat.

Peking. Der Fall Gui Minhai erinnert erneut daran, wie schlecht es um den chinesischen Rechtsstaat bestellt ist: Bereits seit zwei Jahren sitzt der Buchhändler im Gefängnis. Am Dienstag hat das Mittlere Volksgericht in der ostchinesischen Küstenstadt Ningbo in einer Onlinenotiz still und heimlich seine Verurteilung bekannt gegeben: Zehn Jahre soll der 55-Jährige hinter Gitter landen, zudem werden ihm für fünf Jahre seine politischen Rechte entzogen.

Begründet wurde die Entscheidung damit, Gui Minhai habe „illegal Geheimdokumente an ausländische Staaten weitergegeben“. Belege für diese vage Behauptung hat das Gericht keine vorgelegt. Ein Rückblick: Im Oktober 2015 verschwand Gui, der seit fast 25 Jahren die schwedische Staatsbürgerschaft besitzt, spurlos aus seiner Ferienwohnung im thailändischen Pattaya. Vermutlich Agenten des chinesischen Geheimdienstes hatten ihn entführt, so wie auch vier weitere Buchhändler. Sie alle hatten ihren Wohnsitz in Hongkong – und verkauften dort politisch sensible Publikationen. Gui galt als Schlüsselfigur. Er soll unter anderem ein unveröffentlichtes Manuskript besessen haben, das sich um eine außereheliche Affäre des chinesischen Staats- und Parteichefs, Xi Jinpings, dreht.

Die Entführung der Buchhändler hat vielen Hongkongern die Augen geöffnet. Schließlich hatte Peking selten auf so drastische Weise versucht, seinen Einfluss auch auf die Sonderverwaltungszone auszuweiten.

Nach einer kurzen Zeit unter Hausarrest in seiner Heimatstadt Ningbo wurde Gui 2018 erneut verhaftet: Während einer Zugfahrt nach Peking in Begleitung zweier schwedischer Diplomaten wurde er von mehreren Personen in Zivil festgenommen. Tage später gab er ein offensichtlich unter Druck entstandenes Interview in chinesischen Medien: Darin warf er der schwedischen Regierung vor, ihn als politische „Schachfigur“ gegen China einsetzen zu wollen.

Schweden schaltete auf hart

Seither ist das Verhältnis zwischen den zwei Ländern extrem belastet. In Diplomatenkreisen hieß es, dass Schweden seinen vergleichsweise weichen Kurs gegenüber China nach Guis erster Entführung noch bereuen würde. Doch nach der zweiten Verhaftung schaltete Stockholm auf hart. Chinas verhaltensauffälliger Botschafter in Schweden, Gui Congyou, wurde ins Außenamt einbestellt. Im Herbst 2019 bekam der inhaftierte Buchhändler in Abwesenheit den renommierten schwedischen Kurt-Tucholsky-Preis verliehen.

Menschenrechtsorganisationen kritisieren Gui Minhais Verurteilung heftig. „Gui wurde scheinbar im Geheimen vor Gericht gestellt und verurteilt, ohne die Chance auf einen fairen Prozess“, sagt Patrick Poon, China-Forscher von Amnesty International.

Viele Ungereimtheiten bleiben: In der Urteilsverkündung heißt es, Gui habe auf eigenen Wunsch die schwedische Staatsbürgerschaft aufgegeben und die chinesische wiedererlangt. Außerdem werde Gui das Urteil annehmen, ohne zu berufen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.02.2020)

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