Das Ringen um die Rebellenprovinz Idlib nähert sich Höhepunkt.
Ankara. Die Drohungen des türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdoğan, werden immer schriller: Wenn sich die syrischen Regimetruppen bis Ende Februar nicht nicht wieder hinter die 2017 vereinbarte Deeskalationszone um die Rebellenprovinz Idlib zurückzögen, werde die Türkei sie militärisch dort hinausdrängen, erklärte Erdoğan in einer Rede vor Abgeordneten seiner regierenden AK-Partei.
Dabei deutete er auch an, dass die türkischen Streitkräfte die derzeitige russische Lufthoheit über Idlib herausfordern könnten: „Unser Problem ist, dass wir derzeit den Luftraum nicht nützen können. Aber so Gott will, finden wir bald einen Ausweg für dieses Problem.“ So könnte Erdoğans Luftwaffe Stellungen der Assad-Truppen auch vom türkischen Luftraum aus beschießen.
Türkei: Russen schauen weg
Die Türkei hat seit Anfang Februar 10.000 Soldaten mit schwerem Kriegsgerät nach Idlib verlegt, um dort zwölf türkische Beobachtungsposten zu verstärken. Bei militärischen Scharmützeln mit den in die Deeskalationszone eindringenden Syrern sind bereits ein Dutzend türkische Soldaten gefallen. Syriens Diktator, Bashar al-Assad, will die letzte Rebellenhochburg Idlib erobern, um den endgültigen Sieg in dem seit neun Jahre andauernden Bürgerkrieg verkünden zu können.
Bis zu drei Millionen Menschen befinden sich in Idlib. Wegen der jüngsten Angriffe von Syrern und Russen haben bis zu eine Million ihre Unterkünfte dort verlassen. Die Türkei, die bereits 3,6 Millionen syrische Flüchtlinge beherbergt, befürchtet deshalb eine neuerliche Fluchtwelle. Den Russen wirft Erdoğan vor, die humanitäre Krise in der Region nicht zur Kenntnis nehmen zu wollen. (Bloomberg, Reuters)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.02.2020)