Schweiz: Bald Referenden wegen Rauchverbot?

A woman smokes a cigarette in a bar in downtown Zurich
A woman smokes a cigarette in a bar in downtown Zurich(c) REUTERS (Christian Hartmann)
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Seit Mai gilt Rauchverbot in öffentlichen Räumen – mit allerhand Ausnahmen.

Das Rauchverbot sei eine „Beschneidung der Freiheit“, kritisiert ein junger Mann, der am Bellevue, einem weitläufigen, von Lokalen gesäumten Platz in der Zürcher Innenstadt, missmutig vor einem Café im Regen steht und raucht. Eine Dame schimpft, die neuen Antirauchregeln seien schlicht eine Schikane – auch Raucher hätten mehr Toleranz verdient.

Unser westlicher Nachbar, die Schweiz, macht seit 1.Mai Erfahrungen mit einem Rauchverbot in öffentlichen Räumen. Die Schweiz ist eine der stärksten Rauchernationen, hier wird pro Kopf mehr Tabak konsumiert als etwa in Deutschland, Großbritannien, Frankreich und Österreich. Und so ist das hiesige Rauchverbot nicht allzu streng: Das „Bundesgesetz über den Schutz vor Passivrauchen“ kennt viele Ausnahmen. So darf in kleinen Lokalen (max. 80 Quadratmeter) geraucht werden, abgetrennte Raucherräume bleiben erlaubt. Gleichzeitig können die Kantone jedoch strengere Regeln erlassen, was viele taten: Vor allem in der frankofonen Westschweiz und im Tessin gelten schon seit Längerem strikte Rauchverbote.

Mit Tricks für die Glimmstängel

In der Deutschschweiz hingegen sorgen die Verbote bei Rauchern für rote Köpfe. In Basel etwa versuchen Dutzende Wirte einen juristischen Trick: Sie haben ihre Beizen zu privaten Vereinslokalen umfunktioniert, in denen hemmungslos geraucht werden kann. Eine Praxis, die von der Justiz gekippt werden dürfte.

Im Innern der Lokale am Zürcher Bellevue indes überwiegen positive Stimmen. Im Café Odeon, wo bisher dicke Schwaden hingen, meint ein Gast, nun könne er endlich den Kaffee ohne lästigen Tabakgeruch genießen. Ein Bursch sagt, er werde das Rauchen sein lassen. Die Wirte sind dennoch generell skeptisch. Steffen Schreiber, der Vizechef des Odeon, rechnete damit, Rauchergäste zu verlieren. Ob im Gegenzug jene häufiger kämen, die das Lokal bisher wegen des Nebels gemieden hatten, könne man noch nicht sagen.

José Ledesma, der ein spanisches Restaurant in der Zürcher Altstadt führt, zählt Raucher zu den treuesten Gästen. Ledesma hat sich der Gemeinschaft „Freie Schweizer Wirte“ angeschlossen, die das Rauchverbot per Volksabstimmung wieder kippen will.

Wirte gegen Lungenliga

Auf scharfe Kritik stieß der Fleckerlteppich an unterschiedlichen Regeln bei Gesundheitsorganisationen. Die „Lungenliga Schweiz“ verlangt ein landesweit einheitliches, striktes Verbot. Auch sie hat eine Volksinitiative lanciert: Darin verlangt sie, dass alle Arbeitsplätze rauchfrei sein müssen. Bediente Raucherräume in Gaststätten wären so verboten. Die Schweizer könnten also bald gleich zweimal an der Urne über das Rauchen in öffentlichen Räumen abstimmen.

Siehe Seite 11

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2010)

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