Weltweit gibt es immer weniger Staaten, in denen uneingeschränkt geraucht werden darf.
Wien.In Bayern hat nun das Volk das Sagen: Lange schwankten die Politiker in München zwischen einem totalen Rauchverbot und einer lockeren Variante, die das Rauchen in kleinen Bierstuben oder in Festzelten vorsieht. Diesen Sonntag werden die Bayern schließlich selbst darüber entscheiden, was sie von dicken Schwaden in den Lokalen halten.
Anfang 2008 wurde im südlichsten deutschen Bundesland das Rauchen in öffentlichen Gebäuden und auch in Lokalen verboten. Plötzlich wurden Raucherklubs gegründet, die den Bann umschiffen sollten. Nach nur eineinhalb Jahren ruderte die bayrische Regierung schließlich zurück und lockerte das Gesetz: Betreiber von Lokalen, die kleiner als 75 Quadratmeter sind, können entscheiden, ob sie zur Rauchergaststätte werden. In größeren Lokalen darf man in abgetrennten Zonen der Zigaretten frönen.
Was derzeit in Bayern geschieht, ist auch schon in Kroatien und in Griechenland passiert: Ein ursprünglich striktes Rauchverbot wurde aufgeweicht und in abgemilderter Form beschlossen. Auch in der Türkei wurde nach einer Klage von Teehausbetreibern ein absoluter Bann in der Gastronomie gekippt. Das Verwaltungsgericht empfahl die Errichtung von getrennten Räumen.
Schutz der Arbeitnehmer
Auf EU-Ebene ist jedenfalls „kein totales EU-weites Rauchverbot in Gaststätten“ geplant, wie jüngst der deutsche EU-Abgeordnete Bernd Posselt sagte. Darin sehe er eine „erfreuliche erste Abkehr des Gesundheitskommissars (Anm. des Maltesen John Dalli) von der zentralistischen Menschheitsbeglückungspolitik seiner Vorgänger“, meinte Posselt. Die Kommission solle die ausgehandelten Kompromisse einiger EU-Länder respektieren.
Grundsätzlich hat die EU keine Kompetenz, ein EU-weites Rauchverbot zu erlassen. Was Brüssel aber machen kann, ist die Richtlinie zum Schutz von Arbeitnehmern ins Treffen zu führen.
Die strengsten Verbote gelten in Irland, Großbritannien und in Italien. In irischen Pubs darf bereits seit 2004 nur noch vor der Türe zum Glimmstängel gegriffen werden. Schenkt man einigen Studien Glauben, dann ist im Inselstaat die Zahl der Raucher rapide geschrumpft. Andere Untersuchungen wollen aber wiederum herausgefunden haben, dass sich nur der Ort des Konsums geändert habe, nicht aber der Konsum an sich.
Streng geht es auch in Italien zu. Das angeschlagene Gesundheitssystem zieht aus dem Ende 2004 eingeführten Bann aber einen großen Nutzen: Einer Studie zufolge ist bereits im ersten Jahr nach der Einführung die Zahl der Herzinfarkte deutlich gesunken, bei den 35- bis 64-Jährigen um elf Prozent, bei den 65- bis 75-jährigen um acht Prozent.
Andere Wege geht der EU-Bewerber Serbien: Das kleine Land am Balkan will sich als Enklave der Raucher positionieren und brachte sich als Urlaubsparadies für europäische Raucher ins Gerede. Am Arbeitsplatz ist aber auch dort das Rauchen verboten.
Egal wie die Abstimmung in Bayern ausgehen wird, eines steht schon heute fest: Beim Oktoberfest darf weiterhin ungehindert gepofelt werden.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2010)