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Frauen und Kinder zuerst - warum?

Bei Untergang der Titanic wurde die Regel „Frauen und Kinder zuerst“ befolgt.
Bei Untergang der Titanic wurde die Regel „Frauen und Kinder zuerst“ befolgt.(c) imago/UIG
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Mehrere Politiker, darunter Werner Kogler, schlugen vor, aus den Flüchtlingslagern in Lesbos bevorzugt Kinder und Frauen in die EU aufzunehmen. Ist das nicht eine Diskriminierung der Männer? Und woher kommt diese Maxime?

Frauen und Kinder zuerst: Dieser Maxime gehorcht Werners Koglers Vorschlag zum Umgang Österreichs mit den Flüchtlingen auf Lesbos. Woher kommt dieses – von John Lennon einst scherzhaft zu „Women and Beatles first“ abgewandelte – Motto? Feuerwehren und Rettungen gehorchen ihm, zumindest offiziell, nicht. Deren Triage – also Sichtung und Auswahl der Hilfsbedürftigen – folgt eher dem Grad der Gefährdung, wobei im Krieg oft ein zweites Kriterium dazukommt, das grausam klingen mag: Sanitäter stellen Personen hintan, die offensichtlich nicht mehr zu retten sind.

Auf der Titanic befolgt

Tatsächlich ist die Regel „Frauen und Kinder zuerst“ nautischen Ursprungs. Man nennt sie auch „Birkenhead Drill“, weil sie 1852 bei der Evakuierung des britischen Truppentransportschiffs HMS Birkenhead angewandt wurde. Tatsächlich wurden damals alle Frauen und Kinder in die raren Rettungsboote geschickt und überlebten – im Gegensatz zu 445 Männern, inklusive dem Kapitän. Bald kam der Spruch in die Literatur (in einen Roman namens „Harrington: A Story of True Love“), die deutsche „Monatsrundschau“ interpretierte ihn 1865 als „übergroße Rücksicht gegen das schöne Geschlecht“. Beim Untergang der Titanic (1912) wurde er befolgt, ihn überlebten 70 Prozent der Frauen und Kinder, aber nur 20 Prozent der Männer. Doch, wenn der Kapitän diese Regel nicht durchsetzen kann – oder selbst zuerst das sinkende Schiff verlässt –, dann setzen sich, wie der schwedische Ökonom Mikael Elinder der Auswertung von 18 Schiffsuntergängen entnahm, eher die Kräftigen durch, also die Männer.

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