Ein Kinderbuch über "Body Positivity" zieht derzeit auf den sozialen Medien weite Kreise.
#bodypositivity

Per Hashtag zu mehr Selbstbewusstsein?

Lange Zeit galt die auf den sozialen Medien dargestellte Welt als eine perfekt inszenierte. Doch immer mehr Bewegungen, die für mehr Realität und ein gesundes Selbstbewusstsein plädieren, mischen sich darunter. Finden sie tatsächlich Anklang?

Ein Spaziergang durch die sozialen Medien kann einen schon mit gemischten Gefühlen zurücklassen. Da bewegt man sich zum einen durch diese schöne, heile Welt. Menschen lachen, präsentieren ihre perfekte Beziehung, ihre „family goals“, sie liegen am Strand, speisen gut, sind glücklich. Im falschen Moment oder in einer schwierigen Lebensphase in diese Welt zu geraten, bedeutet Gift für das eigene Wohlbefinden.

Doch dieses kann auch gerade dort beflügelt werden. Unlängst haben die beiden US-Bloggerinnen Katie Crenshaw und Ady Meschke ihr Kinderbuch „Her Body Can“ herausgegeben und auf Instagram einen Hype darum ausgelöst. Es soll Kindern vermitteln, dass sie schön sind, so wie sie sind, ganz unabhängig von ihrem Körper oder ihrem Aussehen. Auszüge daraus werden gepostet und geteilt und vielfach mit dem Hashtag #bodypositivity versehen. Es ist ein Hashtag, der sich auf den sozialen Medien bereits etabliert hat. Mehr noch, es ist eine Bewegung entstanden.

„Body Positivity ist durch Social Media überhaupt erst entstanden, beziehungsweise in dieser Tragweite, in der wir es heute haben“, meint Elke Höfler von der Universität Graz, deren Schwerpunkt unter anderem auf den sozialen Medien und Mediendidaktik liegt. Auf Instagram gibt es Tendenzen, die sich gegen die dort propagierte Scheinwelt richten. Kanäle, die Themen präsentieren, die vielleicht nicht so positiv sind, User, die etwa über Magersucht oder andere Krankheiten reden, Models, die sich ungeschminkt zeigen, Nutzer, die auch einmal in die Kamera weinen. Und vor allem finden auf diversen Plattformen unterschiedliche Stimmen Gehör. „Das sieht man nicht nur in den sozialen Medien, sondern generell auch in der Werbung. Selbstbewusste Frauen, die sich mit ihren Makeln zeigen - und in ihrer Vielfalt: dick, dünn, groß, klein, mit Narben, ohne Narben, hell oder dunkel."

Vielfalt und Diversität

Auch Caterina Pogorzelski nutzt ihr Reichweite, um für die Vielfalt und Diversität von Frauen zu sensibilisieren. Die Berlinerin ist als „Plus-Size-Influencerin“ bekannt. Auf Instagram und über andere Kanäle möchte sie „positive Energie“ verbreiten. Heißt: Diversität leben und dafür sorgen, dass sich Frauen wie auch Männer schön fühlen und sich nicht von aktuellen Schönheitsnormen beeinflussen lassen.

Auch im Gespräch mit der „Presse" betont sie, dass die sozialen Medien jenen Menschen eine Bühne geben würden, die bisher medial nicht unbedingt gezeigt wurden. „Wenn junge Frauen heute die Begriffe Plus-Size, curvy, transgender, skinny oder was auch immer eingeben, zeigt sich eine Vielzahl verschiedener Körper, Menschen und Lebensentwürfe, Szenen, mit denen sie sich identifizieren können. Und das finde ich toll.“ Innerhalb der Body-Positive-Bewegung seien viele verschiedene Menschen mit teilweise sehr unterschiedlichen Meinungen anzutreffen - „und doch wollen wir alle Ähnliches“.

»„Die Chance unserer Zeit besteht ja darin, zu feiern, dass es parallel mehrere Schönheitsauffassungen gibt."«

Der richtige Umgang

„Ich verstehe aber auch, dass die sozialen Medien kritisch gesehen werden. Umso wichtiger ist es, dass wir jungen Menschen den richtigen Umgang zeigen“, so Pogorzelski. Und auch für Elke Höfler können die sozialen Medien - je nachdem, wie sie eingesetzt werden - Fluch oder Segen bedeuten. Sie nennt ein paar Beispiele für den Einsatz im  Unterricht: „Wir haben durch die sozialen Medien eine große Bandbreite an Themen, wir können uns vernetzen, können Blogger und Bloggerinnen anschreiben, wir können uns durch den Klick auf den Hashtag anschauen, was sonst noch so auf der Welt passiert. Wir haben all diese Vernetzungsmöglichkeiten und können den Live-Charakter nutzen“.

Die sozialen Medien können also durchaus positiv zum Einsatz kommen, sind sich die beiden einig. Allerdings ist die Dosis entscheidend - und die Unterscheidung zwischen tatsächlicher und inszenierter Realität. „Da muss ich mich selbst bei der Nase nehmen und wirklich ein gutes Vorbild abgeben“, gesteht sich Höfler ein, „denn oft mag auch ich das Foto von mir mit darübergelegten Snapchat-Filter lieber, der die Konturen weich zeichnet und damit alle Hautunreinheiten kaschiert“.

Wichtig sei, die nächste Generation beim Umgang mit den sozialen Medien zu unterstützen, über Themen wie Fake-News oder Fotomanipulation zu reden und Dinge kritisch zu hinterfragen. Und am wichtigsten sei nach wie vor das Selbstwertgefühl im echten Leben - und nicht jenes, das man sich auf Instagram über Klicks und Likes holt. Ansätze dafür können womöglich auch Bücher wie „Her Body Can“ bieten.

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