Russland

Neue Verfassung für weitere Amtszeiten Putins beschlossen

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Der Präsident kann dank einer vom Parlament abgesegneten Verfassungsänderung im Prinzip bis 2036 regieren. Die noch nötige Zustimmung der Föderationsregionen sowie der Bürger im Zuge eines Referendums gilt als Formsache. Aufruf zu Massenprotesten gegen Reform.

Russlands Präsident Wladimir Putin kann dank einer nun endgültig vom Parlament beschlossenen Verfassungsänderung im Prinzip noch 16 Jahre bis 2036 an der Macht bleiben. Die Staatsduma in Moskau nahm am Mittwoch in dritter und letzter Lesung die größte Verfassungsänderung in der Geschichte des modernen Russlands an. Dabei werden auch die Vollmachten des Staatschefs ausgeweitet.

Deshalb soll der 67 Jahre alte Putin nach dem Willen der Abgeordneten die Chance haben, sich um den "praktisch neuen Posten" zu bewerben. Die nächsten Präsidentenwahlen sind 2024 und dann wieder 2030. Ein echter Konkurrent für den Langzeitherrscher Putin ist weit und breit nicht in Sicht. Er war bereits von 2000 bis 2008 Präsident gewesen, amtierte dann als Ministerpräsident unter Staatspräsident Dmitri Medwedew und wechselte 2012 wieder an die Staatsspitze.

Die Staatsduma nahm die "Putinsche Verfassung" am Mittwoch mit 383 von 450 Stimmen an. 43 Abgeordnete der Kommunisten enthielten sich wie schon in der zweiten Lesung am Vortag. Sie hatten kritisiert, dass Putins bisherige vier Amtszeiten bei Inkrafttreten der neuen Verfassung nicht gezählt werden und er wieder kandidieren könne. Putin will dieses Vorgehen noch vom Verfassungsgericht bestätigen lassen. Die Richter haben allerdings noch nie eine Entscheidung zu Ungunsten des Kremlchefs gefällt.

Zuvor hatte die Duma am Dienstag nach einer Rede Putins in zweiter und entscheidender Lesung die Verfassung geändert. Die dritte Lesung war nur eine rein formelle.

Nach der Staatsduma winkte auch der Putin gewogene Föderationsrat - das Oberhaus des russischen Parlaments - die Grundgesetzänderung durch. Föderationsratschefin Valentina Matwijenko lobte die Verfassung als Basis für politische Stabilität und soziale Sicherheit in Russland.

Homoehe-Verbot, Macht zur Entlassung von Richtern...

Die Reform muss noch von zwei Dritteln der Regionalparlamente der Föderation bewilligt werden. Für 22. April ist eine Volksabstimmung geplant. Erst dann soll Putin zufolge die Reform in Kraft treten.

Sie sieht inhaltlich unter anderem auch vor, dass das Parlament künftig den Regierungschef vorschlagen darf. Der Staatschef bekommt die Befugnis, Richter der oberen Gerichte zu entlassen und vom Parlament beschlossene Gesetze zurückzuweisen. Es gibt ein Verbot der Homo-Ehe sowie Regelungen über Mindestlöhne und die Kopplung der Pensionen an die Inflationsrate. Die Verfassung soll auch einen Gottesbezug enthalten. Kritiker pochen indes auf die atheistische Tradition der alten Sowjetunion.

Kremlkritiker werfen Putin "Verfassungsumsturz" vor. Bereits am Dienstag hatte es in Moskau Proteste gegen seinen ewigen Verbleib an der Macht gegeben. Auch für 21. März beantragte die Opposition eine Protestkundgebung in Moskau. Erlaubt werden dürfte sie wohl nicht. Die Stadt untersagte wegen des Coronavirus Massenveranstaltungen mit mehr als 5000 Teilnehmern bis 10. April. Nach offiziellen Angaben gibt es bisher kaum Infektionen in der russischen Hauptstadt.

„Putin bis 2036 ist einfach unvorstellbar"

Ungeachtet des Verbots für Großveranstaltungen rief die Opposition für Freitag zu Massenprotesten in Moskau und anderen Städten auf. Dutzende Demonstranten versammelten sich bereits am Mittwoch in der Nähe des Kreml. "Putin bis 2036, es ist einfach unvorstellbar", sagte der Organisator der Demonstration, Ilja Asar, der Nachrichtenagentur AFP. "Der Mensch, der Russland in Chaos und ins Unglück gestürzt hat, könnte für den Rest seines Lebens an der Macht bleiben - was könnte schlimmer sein?", sagte der Demonstrant Alexej Minjailo.

Aus Kreisen westlicher Diplomaten in Moskau war zu hören, dass eine offizielle Kritik aus der EU an der Verfassungsänderung kaum zu erwarten sei. Das Grundgesetz sei die innere Angelegenheit Russlands, hieß es.

(DPA/AFP)

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