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Die Corona-Krise ist ein Wendepunkt für Trump

Präsident Donald Trump bei einer Pressekonferenz vor dem Weißen Haus.
Präsident Donald Trump bei einer Pressekonferenz vor dem Weißen Haus.APA/AFP/SAUL LOEB
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Unter massivem Druck wegen seines Krisenmanagements erklärte der Präsident den nationalen Notstand. Viele vergleichen seine Lage mit jener George W. Bushs bei Hurrikan Katrina 2005. Joe Biden präsentiert sich präsidentiell.

Wien/Washington. Der Präsident wollte Mut und Zuversicht vermitteln. Doch Donald Trump wirkte unsicher und unwirsch, als er bei einer Pressekonferenz im Rosengarten des Weißen Hauses den nationalen Notstand erklärte. Dabei sollte das Dutzend an Experten und Wirtschaftsbossen, mit dem er sich am Freitagabend umgab, Ruhe und Souveränität ausstrahlen.

Einen nach dem anderen rief Trump für kurze Statements ans Podium. Die Botschaft: Mit einem Kraftakt und allen Mitteln der Wissenschaft und Wirtschaft bewältigen wir die Herausforderung der Corona-Krise. Insgesamt will er bis zu 50 Milliarden Dollar im Kampf gegen die Epidemie bereitstellen. Vize Mike Pence pries seinen Chef über alle Maßen.

Trump kündigte Test an

Noch am Vortag hatte der Präsident Gelassenheit über sein Befinden demonstriert. „Sagen wir es so: Ich bin nicht besorgt.“ Erst hatte er den Ernst der Lage heruntergespielt und die Gefahr mit einer Grippewelle verglichen, ehe er zum Aktionismus überging und über die EU-Staaten ein 30-tägiges Einreiseverbot verhängte.

Die Frage nach seinem Gesundheitszustand war nicht ohne Grund. Voriges Wochenende hatte er im „Winter White House“ in Mar-a-Lago in Florida Kontakt mit Fabio Wajngarten, dem mit dem Virus infizierten Kommunikationschef Jair Bolsonaros. Die Senatoren Rick Scott und Lindsey Graham, die an dem Treffen teilgenommen hatten, begaben sich aus freien Stücken in Quarantäne. „Ich habe keinerlei Symptome“, sagte Trump. Doch er kündigte, sich bald testen zu lassen.

Im Weißen Haus liegen die Nerven angesichts des Börsensturzes blank. So soll Trump Notenbankchef Jerome Powell angeschrien haben. Bisher registrierten die USA mehr als 1800 Infizierte und mehr als 40 Tote. Während der Kongress unter Führung Nancy Pelosis mit Finanzminister Steven Mnuchin über ein Nothilfepaket verhandelte, gingen am Broadway die Lichter aus und die Sportligen in Zwangspause. Für „March Madness“, wie sonst der College-Basketball, sorgt jetzt die Pandemie.

Seit seiner hastig angesetzten Fernsehansprache im Oval Office ist Donald Trump massiver Kritik wegen seines erratischen Krisenmanagements ausgesetzt. In der „Washington Post“ urteilte Kolumnist Fareed Zakaria, Trump folge eher dem Beispiel Nordkoreas als dem Südkoreas. Je Bush, der republikanische Ex-Gouverneur aus dem Bush-Clan und frühere Trump-Gegner, stellte seine Krisenkompetenz und Führungsqualitäten infrage. Princeton-Professor Jason Zelizer konstatierte, die Verwirrung sei schlimmer als vor der Rede Trumps.

Das „ausländische“ Virus

In bewährter Manier gibt Trump anderen die Schuld an der Krise um das „ausländische Virus“, wie er es nennt: China, der EU, Barack Obama und der Gesundheitsbehörde CDC. Anthony Fauci, der Krisenberater und Virologe, korrigierte den Präsidenten mehr als einmal: „Geben wir es zu: Wir scheitern.“ Sein Befund: Das Corona-Virus sei „zehnmal gefährlicher als eine normale Grippe“. Manche sehen in der Corona-Krise schon Trumps „Katrina“-Moment, der ihm die Wiederwahl kosten könnte – in Anspielung auf George W. Bushs krasses Missmanagement des Hurrikans Katrina 2005. Im Unterschied zu Trump stand Bush jun. nicht mehr zur Wiederwahl an.

Währenddessen konterkarierten Joe Biden und Bernie Sanders die Trump-Rede. Der Ex-Vizepräsident präsentierte sich in einem Hotel in seiner Heimatstadt Wilmington (Delaware) präsidentiell und als Trouble Shooter mit einem Katalog an Sofortmaßnahmen. „Die Corona-Krise hat die Defizite der Regierung bloßgestellt: ein kolossales Scheitern bei der Planung, der Durchführung und bei den Führungsqualitäten.“ Sanders sprach in Burlington (Vermont) von einer Herausforderung wie bei einem „großen Krieg“.

Der Wahlkampf der Demokraten ist unterdessen zum Stillstand gekommen. Am Sonntag kreuzen die beiden Kontrahenten vor der nächsten Vorwahlrunde am Dienstag in einem leeren TV-Studio in Washington – statt wie geplant in Phoenix – rhetorisch die Klingen. Dass Trump via Twitter das Duell kommentieren wird, gilt als sicher. Er sprach sich zuletzt - sehr zum Unmut des japanischen Premiers Shinzo Abe - auch für die Verschiebung der Olympischen Spiele in Tokio auf 2021 aus.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2020)

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