Die Eisenbahn ist, vielleicht mehr noch als das Flugzeug, ein Symbol für die Erfolgsgeschichte der Zweiten Republik.
Die Bundesbahn wird in den nächsten Tagen ihre Fahrpläne anpassen, teilt ein besonnener Bahnchef, kein geschniegelter CEO, das hatten wir schon, mit. Für Pendler werde sich wenig ändern, versprach er. Von meinem Fenster aus sehe ich die Züge der einst stolzen Kronprinz-Rudolf-Bahn, jetzt eine defizitäre Nebenstrecke, und zähle die Köpfe: Gestern kam ich auf einen einzigen Fahrgast.
Das tut weh. In meiner Erinnerung waren die Waggons nämlich immer überfüllt. Ich bin ein „Fahrschüler“ gewesen, sechsmal pro Woche, ins nächste Gymnasium. Das bedeutete: Aufstehen um 4:45, zurück war man um 15 Uhr. In der Schule kamen wir in die b-Klassen. Die a-Klasse war den Kindern der Waidhofner Gentry vorbehalten. Doch wie reich entschädigte uns die Eisenbahn für diese milde Form schulorganisatorischer Zurücksetzung! Das Erlebnis begann mit dem Warten auf die Lokomotive. Der „52-er“ – die Kriegslokomotive, wen hatte die wohl schon transportiert? – schrieben wir magische Kräfte zu. Spät kam sie, doch sie kam. Manchmal legte sie auf offener Strecke eine Ruhepause ein, um Dampf zu sammeln. Ihr gemächliches Tempo hatte Vorteile. Es erleichterte uns die Zielübungen auf die Ziegen. Angebunden waren sie, nicht wie bei Nietzsche „am Pflock des Augenblicks“, sondern an dem eines – ob unserer Treffer fluchenden – Bahnhofswärters. Rechtliche Folgen hatten wir ob unserer Steinwürfe nicht zu befürchten: Die Schnelljustiz des Schaffners in Form von Kopfnüssen reichte.