"Ain't No Sunshine"

Bill Withers: Der große Humanist des Soul ist abgetreten

Bill Withers auf einem Archivbild aus dem Jahr 1972.
Bill Withers auf einem Archivbild aus dem Jahr 1972.imago images/Everett Collection
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Withers zählt zu den großen Originalen des amerikanischen Soul. Die von ihm komponierten Lieder wurden vielfach zu Popstandards, in unterschiedlichsten Genres gecovert und gesampelt. Jetzt starb er 81-jährig an einem Herzleiden.

„Jede Generation braucht eine Kunstform, die männliche Verletzlichkeit adressiert. Männer müssen lernen, Liebe, brüderliche Unterstützung und schlichte Humanität zu leben. Bloß Symbol rüden Konkurrenzkampfes zu sein, das ist zu wenig.“ sagte der alte Bill Withers in einem seiner raren Interviews. Womöglich gar nicht realisierend, dass exakt dies, seine eigene Kunst beschreibt. Seine erdigen Lieder transportierten nämlich stets sanfte, sensible Inhalte. „Lean on me, when you´re not strong. I´ll be your friend, I´ll help you carry on” offerierte er 1972 in seinem sanften Welthit “Lean On Me”. Keinsfalls zufällig wird der Name Bill Withers in einem Atemzug mit den Größten des Soul, mit Marvin Gaye, Isaac Hayes, Al Green, Stevie Wonder und Donny Hathaway, genannt.

Ob ihm das recht war? Eher nicht. Der 1938 im ländlichen Slabfork in West Virgina geborene, spätberufene Sänger und Komponist war viel zu bescheiden für derlei Eitelkeiten. Mit 60 Jahren zog er sich konsequent vom Musikbusiness zurück. Keine Comebacks, keine Auftritte bei Preisverleihungsgalas. Der Mann verschwand einfach. Seine Scheuheit war wohl von der armen Kindheit verursacht. Als jüngstes von sechs Kindern geboren, verstarb sein Vater früh. Withers wuchs in der Obhut seiner Mutter und Großmutter auf, die, die Familie mit Heimarbeit über Wasser hielten. Früh schon hatte er Problem damit, sich auszudrücken. Das Stottern zwang ihn früh in die Position des Beobachters. Insgesamt 9 Jahre blieb er deshalb als junger Mann in der amerikanischen Marine. Dort lernte er relaxt zu sprechen, dort erwarb er erstes Selbstbewußtsein.

Später Einstieg ins Musik-Business

Nachdem Abrüsten war er etwas planlos. Er arbeitete als Milchmann, Maurer, ja er baute sogar Toiletten in Flugzeuge ein. Zur Musik kam er spät und das zufällig. In einer Bar hörte er einen Gastronomen über einen Musiker klagen, dem er 2000 Dollar pro Woche zahlen mußte. Das klang vielversprechend für einen armen Gelegenheitsarbeiter. Diesem späten Einstieg, Withers war schon 29 Jahre alt, ist wohl das Fundament seiner originellen Ästhetik zu verdanken. Er ging nach Los Angeles, lernte dort Charles Avant, den Chef des Sussex Labels, kennen. Der engagierte den legendären Hammondorgler des Stax-Labels, Booker T., als Produzenten. Und so spielte dessen Band The M.G.´s, aufgestockt durch Stephen Stills, das 1971 erschienene Debütalbum von Withers ein. Es nannte sich bescheiden „Just As I Am“ und enthielt mit „Aint´No Sunshine“ und „Grandma´s Hands“ zwei seiner allerbesten Lieder. Mit „Harlem“ enthielt es eine treffliche, überaus rhythmische Milieuschilderung der afroamerikanischen Community in New York City, die als Single scheiterte. Dafür errang Withers mit „Ain´t No Sunshine“ sein erstes Gold und und den ersten seiner drei Grammys.

Sein zweites Album „Still Bill“ folgte ein Jahr später. Es wurde sein kommerziell Erfolgreichstes. Sechs Wochen lang führte es die amerikanischen R&B-Charts an. Lieder wie „Use Me“, „Kissing My Love“ und „Who Is He (And What Is He To You?)” wurden massive Hits. Übertroffen nur vom schon erwähnten “Lean On Me”, das sowohl in den R&B-Charts wie in den Popcharts Nummer 1 wurde und sich bald rascher Beliebtheit auf der ganzen Welt erfreuen sollte. 1987 gab es sogar eine späte Grammynominierung für die klinische Coverversion der Achtzigerjahrekombo Club Nouveau. Überhaupt hatte viele von Withers Hits mehrere Leben. Sie wurden reichlich gecovert. Von Granden wie Isaac Hayes, Joe Cocker und Grace Jones abwärts. Er wurde vielfach gesampelt. Von Dr. Dre bis Kanye West.

Kontakt wollte er allerdings keinen haben zur jüngeren Generation. Er konnte es sich leisten. Withers war so klug, sich die Verlagsrechte seiner Kompositionen zu sichern. Das wäre in den Sechzigerjahren kaum möglich gewesen. So erwies sich sein später Einstieg als Segen. Auch in dem Licht besehen, dass Withers recht rasch ausgeschrieben war. Seine Lieder reichten nur für acht Alben, von denen das letzte, „Watching You, Watching Me“ 1985 herauskam. Mit „Lovely Day“ (1977) und „Just The Two Of Us“ (einem Duett mit Grover Washington von 1980) vermochte er noch zwei späte Hits zu lancieren. Exakt an seinem 55. Geburtstag gastierte er beim Wiener Jazzfest in der Staatsoper. Ein unvergessliches Erlebnis für jene, die das Glück hatten, dabei zu sein. Seinen Leitspruch „I am human so are you. We need each other to survive and grow.“ lebte er. Wie erst jetzt bekannt wurde, starb der große Soulstilist schon am 30.3. an Herzversagen. Er wurde 81 Jahre alt.

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