Coronazeiten

Wohnen auf Probe

Julia Landsiedl
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So viel „Zuhause“ war noch nie. Zeit, zu hinterfragen: Wollen wir so wohnen? Oder sollen wir nicht lieber ganz anders?

Nach Hause kommen. Dieses Gefühl stellt sich dieser Tage nicht gar so oft ein. Weil man meistens ja schon zuhause ist. Und dass es dort schön ist, dafür sorgen in erster Linie nicht das Design und die Architektur. Sondern der Mensch selbst. Eine Art Stockholm-Syndrom bewahrt ihn davor, mit seiner Umgebung zu hadern. Er gewöhnt sich daran. Sonst könnten ja auch die Bewohner von Stadtmolochen wie São Paulo ihre Stadt nicht so sehr lieben, wie sie selbst behaupten. In der Theorie heißt dieses Prinzip „mere exposure“.

So haben es jedenfalls die Psychologen beschrieben, die sich mit Architektur beschäftigten. Und mit Ästhetik. Das heißt: Je länger man einem Ding ausgesetzt ist, desto eher mag man das. An hässlichen Gebäuden muss man demnach nur oft genug vorbeigehen. Und voilà: Schaut gar nicht so schlecht aus. Entlang dieser Behauptung sitzt man sich in Corona­zeiten gerade die Wohnung extraschön. Dabei wäre es ein idealer Zeitpunkt, zu hinterfragen, was denn da so schön sein soll an ihr. Und auch so praktisch, wie man geglaubt hat. Oder ob man überhaupt so wohnen will, wie man gerade wohnt.

Federica Biasi


Betriebsblind. In Coronazeiten ist das Zuhausesein auch ein Probelauf: Wie viel Wohnen verträgt man eigentlich, wenn man alles, was man macht, beim Wohnen macht? Beim Hinterfragen geben ja traditionellerweise die Designer Antworten. Auch sie sind natürlich versetzt in eine neue Ausgangslage, in eine eher ohne Ausgang. Doch vor lauter Home-Office sieht man das Analyseobjekt, das Zuhause, gar nicht mehr so richtig vor sich. Zumindest der Designerin Julia Landsiedl geht es so, wie sie erzählt. Bei ihr hat sich die Auftragslage, wie bei den meisten anderen, derzeit auch etwas ausgedünnt. Trotzdem scheinen die Tage voller. Schließlich ist da noch der kleine Sohn. Allein das füllt schon. Den Tag und die Wohnung.

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