Nachruf

Altsaxofonist Lee Konitz ist an Covid-19 gestorben

Altsaxofonist Lee Konitz.
Altsaxofonist Lee Konitz.(c) Wikipedia
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Der stilprägende Jazzmusiker und Pionier des Cool Jazz wurde 92.

„Subconscious-Lee“ hieß eine seiner frühesten Einspielungen programmatisch: Altsaxofonist Lee Konitz, geboren 1927 in Chicago, transformierte den wilden Bebop seines Instrumentenkollegen Charlie Parker (etwa in dessen „Donna Lee“) in etwas ruhigere Sphären. Seine Läufe hatten bei aller Eile etwas Gelassenes an sich. Mit einem damals jungen Modewort gesagt: Sie waren cool. So war es kein Wunder, dass Miles Davis, der ja bei Parker begonnen hatte, Konitz an seine Seite rief, als er sich aufmachte, ein Nonett zu gründen und mit dem Album „Birth of the Cool“ (1949/50) den Cool Jazz zu begründen. Schwarze Musiker hätten ihm vorgeworfen, dass er ihnen den weißen Lee Konitz vorgezogen habe, erzählte Miles später: So einen Musiker würde er jederzeit engagieren, habe er entgegnet, „auch wenn er grün ist oder Feuer spuckt“.

Konitz' wichtigster Partner in diesen Jahren war wohl Lennie Tristano, der damals als Paradeintellektueller des Jazzklaviers galt. Mit ihm versuchte er sich an freier Improvisation, freilich nie ohne innere Strukturen. Er spielte auch mit Gerry Mulligan, Dizzy Gillespie, Charles Mingus und Ornette Coleman, interpretierte auch Bach und Debussy. Franz Koglmann, Wiener Mastermind des kühlen, vergeistigten Jazz, schätzte ihn hoch und bat ihn in seine Ensembles. Im Porgy & Bess war Konitz zuletzt 2018. Nun ist dieser kluge, subtile Musiker und Lehrer im Alter von 92 Jahren im Greenwich Village, New York, an einer Infektion mit dem neuen Coronavirus gestorben. (tk)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.04.2020)

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