Einst wurden Autos gesegnet. Ein Krankheitserreger hat nun das erreicht, was Freidenker und Antiklerikale nicht geschafft haben.
Die Aufklärung hat gesiegt: Sie hat das Automobil seiner Weihe beraubt! Seit der Lockerung der Corona-Beschränkungen sind die Parkplätze vor den Geschäften wieder voll. Irgendetwas hatte sich aber verändert. Ich erkannte es erst auf den zweiten Blick: An den inneren Rückspiegeln vieler Autos baumelten Coronamasken. Praktisch, aber auch ein Kulturwandel? Wie feierlich waren doch die Autoweihen in meiner Kindheit. Alles folgte einer strengen Hierarchie. Der Pfarrer schritt die genau ausgerichteten Fahrzeuge ab, murmelte ein Gebet und versprengte Weihwasser. Die Autos bekamen den Segen als erste. Hinter ihnen stand die stolze Familie, man bekreuzigte sich und Frauen und Kinder gingen in die Knie – vor dem Priester und dem Fahrzeug.
Dann kamen die Motorräder dran. Deren Besitzer waren meist noch unverheiratet und rochen nach Abenteuer. Das Einheitsmodell war die Puch 250er, ab und zu bestaunten wir eine Jawa oder eine exotische Norton. Mein Volksschullehrer hatte eine Horex. Wir durften sie in der Unterrichtszeit putzen. Roller hatten weniger Prestige. Sie waren etwas für Frauen. Ob auch das schwarze Postlermoped geweiht wurde, weiß ich nicht mehr.