Energie

Viel Geld für wenig Ökostrom

Viele Windräder wären auch für weniger Förderungen gebaut worden, so der RH.
Viele Windräder wären auch für weniger Förderungen gebaut worden, so der RH.(c) Clemens Fabry
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In Österreich sollen große Mengen neuer Wind- und Solarkraftwerke gebaut werden. Die Republik muss aufpassen, warnt der Rechnungshof. Bisher saß das Steuergeld dafür zu locker.

Wien. Falls noch jemand nach Indizien sucht, dass schön langsam die Normalität zurückkehrt, der gestrige Freitag lieferte gleich zwei davon: Die Klimaschutzbewegung Fridays for Future meldete sich mit dem ersten globalen Klimastreik seit Ausbruch der Pandemie zurück. Und die Vertreter der heimischen Energiebranche forderten mehr Steuergeld, um die ökonomischen Folgen der Coronakrise mit dem Bau neuer Ökostromkraftwerke zu lindern. Klingt sinnvoll. Immerhin hat die türkis-grüne Koalition Österreich mit der Vorgabe, bis 2030 zum Ökostrom-Selbstversorger zu werden, ohnedies bereits ein gigantisches Ausbauprogramm verordnet, das ohne staatlichen Schub gar nicht funktionieren kann. Nur so wie bisher sollte es besser nicht laufen.

Mehr Förderung als notwendig

Zu diesem Schluss kommen die Prüfer des Rechnungshofs (RH), die sich die heimische Ökostromförderung am Beispiel der Wind- und Solarbranche näher angesehen haben. Bisher habe die Republik Subventionen für grüne Kraftwerke relativ freihändig vergeben, heißt es darin sinngemäß. Zwar wurden die Ökostromziele bis 2020 erfüllt, allerdings kam der Ausbau die Stromkunden teurer zu stehen als notwendig.

In Summe flossen im Untersuchungszeitraum von 2013 bis 2017 Vergütungen in Höhe von insgesamt 4,7 Milliarden Euro in Form von fixen Einspeisetarifen an die Kraftwerksbetreiber. Drei Viertel davon mussten die Stromkunden als Subvention zuschießen.

Für dieses Geld hätten in Österreich mehr Solar- und Windkraftwerke entstehen müssen, kritisiert der RH. Die Höhe der Einspeisetarife und des Ökostromförderbeitrags ließ das zuständige Ministerium jährlich von Gutachtern ermitteln. Doch nicht immer hörte es auf deren Empfehlungen: „In den Jahren 2013 bis 2015 verordnete es für Fotovoltaik – trotz mehrfacher Überzeichnung der verfügbaren Mittel – jeweils höhere Einspeisetarife als von den Gutachtern ermittelt.“ Allein im Jahr 2015 wurden deshalb um ein Fünftel weniger Solarkraftwerke gebaut, als mit den ausgegebenen Fördermitteln möglich gewesen wären. Auch bei der Windenergie hätten niedrigere Tarife gereicht, um denselben Effekt zu erzielen. In Summe schätzt der Rechnungshof die so entstandenen Zusatzkosten allein für die Wind- und Solarbranche auf 90 Millionen Euro. Die heftig umstrittenen Förderungen für Biomasse-Anlagen sind darin noch nicht enthalten.

Bis zum Sommer will Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) ein neues Gesetz (EAG) auf den Tisch legen, das die Förderungen für den geplanten Ausbau von 27 Terawattstunden Ökostrom regeln soll. Reichlich spät, wie der Rechnungshof anmerkt. Auf EU-Ebene war die erwünschte Neuausrichtung der Ökostromförderungen schon seit 2014 bekannt.

RH empfiehlt Ausschreibungen

Die prinzipielle Stoßrichtung stehe seither fest: ein Ende für fixe Einspeisetarife und mehr Wettbewerb auch für die saubere Stromerzeugung. „Die Vergabe von Förderungen für erneuerbare Energie sollte daher auch im Weg von Ausschreibungen erfolgen“, empfiehlt der Rechnungshof explizit für die Ausgestaltung des EAG.

Davon aber will die Ökostrombranche nichts wissen. Sie lobbyiert seit Monaten gegen die Idee, nur jene zum Zug kommen zu lassen, die für den Bau von Ökostromkraftwerken am wenigsten Zuschüsse in Anspruch nehmen. Im Umweltministerium finden die Klagen der Branchenvertreter zusehends Gehör. Die ursprüngliche Idee, unterschiedliche Kraftwerksarten in Auktionen um Fördermittel rittern zu lassen, wurde bereits verworfen. Jede Technologie soll einen eigenen Fördertopf erhalten, aus dem Prämien auf den Marktpreis bezahlt werden. Wenigstens einen Wunsch könnte das Umweltministerium dem Rechnungshof aber doch noch erfüllen und mit dem Gesetz erstmals „Transparenz schaffen über die direkten und indirekten Kosten des Ausbaus der erneuerbaren Energie“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2020)

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