Der "alte Boris" ist "back": "Ich verstehe eure Ungeduld"

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Der britische Premier meldete sich aus der Downing Street zurück und versprach größtmögliche Transparenz bei der Bewältigung der Coronakrise.

Da war er wieder, als wäre er nie weg gewesen. Nach einem einwöchigen Aufenthalt im St. Thomas Hospital, darunter drei Tage in der Intensivstation, und nachdem er sich zwei Wochen von seiner Corona-Erkrankung im Landsitz Chequers auskuriert hatte, stieß Boris Johnson am Montagvormittag, pünktlich um neun Uhr Vormittag zu Beginn der neuen Arbeitswoche, die Tür seines Amtssitzes 10 Downing Street auf, um ein kurzes Statement abzugeben. US-Präsident Donald Trump hatte nach einem Telefonat in der Vorwoche schon bemerkt, der „alte Boris“ sei wieder zurück.

Es sollte ein Signal und eine kalibrierte Botschaft aussenden und Dynamik vermitteln: Ich bin wieder da - und ich habe alles im Griff. Und er verbreitete Optimismus. Wenn das Land den Geist der vergangenen Wochen beibehalte, werde es das Virus besiegen, zeigte sich der 55-Jährige überzeugt. Das Ende der ersten Phase sei gekommen, erklärte der Premier. Doch es handle sich um die schwierigste Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg samt einer tiefen Rezession.

In der Zeit seiner Abwesenheit hatte Außenminister Dominic Raab die Amtsgeschäfte geführt und sich auch der Fragestunde des Premiers im Unterhaus in Westminister gestellt. „Ich verstehe eure Ungeduld“, sagte Johnson am Montag und bat um die Geduld seiner Landsleute nach fünfwöchiger Quarantäne.

Strategie ist umstritten

Seine Regierung und seine Partei sind in der Frage gespalten, wann und wie rasch das Land wieder schrittweise zur Normalität zurückkehren soll. Großbritannien verzeichnete bisher rund 21.000 Todesopfer in der Corona-Epidemie, 150.000 Briten  waren und sind infiziert - und Johnson kommt als Betroffenem besondere Glaubwürdigkeit zu. Schätzungen der „Financial Times“ zufolge hat die Epidemie indessen wohl mehr als doppelt so viele Tote gefordert, weil die offizielle Statistik nicht die Todesfälle in Privathaushalten und Altersheimen führt.

Es hätte so oder so ausgehen können, hatte Boris Johnson nach seiner Entlassung in einem Dankvideo an das Personal des bis an die Grenzen strapazierten britischen Gesundheitssystems NHS gesagt. Will heißen: Er hätte auch sterben können. Noch immer fehlt es an Schutzmasken, Schutzkleidung und Tests, woran sich zunehmend die Kritik an der Regierung entzündet. Doch die Zahl der Toten in den Krankenhäusern geht zurück, die Tendenz zeigt nach unten. Zuletzt starben rund 400 Menschen, die niedrigste Zahl seit Wochen.

Auf die leichte Schulter genommen

Johnson will dem Druck nach Lockerungsmaßnahmen aus der darniederliegenden Wirtschaft vorerst nicht nachgeben.Unter allen Umständen müsse eine zweite Viruswelle verhindert werden. Johnson hatte zunächst gezögert mit Ausgangsbeschränkungen und die Coronakrise auf die leichte Schulter genommen. Er schüttelte Patienten sogar die Hand und blieb Krisensitzungen fern, weil ihm die Brexit-Frage wichtiger gewesen ist als die Bekämpfung des Coronavirus. Erst als klar war, dass das Ziel der so genannten „Herdenimmunität“ zu viele Opfer fordern könnte, lenkte der Premier ein.

Er selbst wird jetzt auch wieder das abendliche Pressebriefing in der Downing Street leiten. Auch auf Drängen des Labour-Chefs Keir Starmer versprach er größtmögliche Transparenz, und er führte auch gleich eine Neuerung ein: Künftig soll ein Bürger stellvertretend für die Bevölkerung Fragen an den Premier und seine Experten richten. Die relativ strikten Ausgangsbeschränkungen in Großbritannien sind noch bis mindestens 7. Mai in Kraft.

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