Gegengift

Im Corona-Frühling wartet viel Arbeit auf Santa Walburga

Mai bedeutet Frühling.
Mai bedeutet Frühling.APA
  • Drucken

Soll man die Feste im Mai feiern, wie sie fallen? Vor dem allgemeinen Almauftrieb ist doch noch ein wenig Vorsicht anzuraten.

Der Mai ist gekommen, sogar mit ein wenig Frühlingsregen hier in Wien. Wir Gärtner der Hochbeete des Gegengiftes könnten nach Wochen der Entbehrung endlich aufatmen. Erleichterungen im sozialen Umgang sind fast schon fix versprochen. Zugleich aber ertönen auch Mahnungen von den höchsten virologisch-politischen Stellen an das Volk: Nur nicht leichtsinnig werden!

Und das in unserem liebsten Monat, der traditionell der Wonne verschrieben ist! Doch Vorsicht, dieser Vorsatz für den Mai hat weniger mit Lust und Glück zu tun, sondern mit mühsamer Landwirtschaft. Kaiser Karl der Große dekretierte den Wonnemond und meinte Weidemonat: Im „wunnimanot“ sei es an der Zeit, das Vieh hinaus in die Natur zu treiben.
Bevor jedoch haltlos der Herdentrieb auf die Almen und in die öffentlichen Parks einsetzt, sollte umgehend geprüft werden, ob ein milder Mai an sich zur Fahrlässigkeit reize oder ob sie nur eine hysterische Reaktion in bleierner Krisenzeit sei. Mai bedeutet Frühling. Bei den alten Römern wurde in mythischen Tagen von Priestern des Vulkan einer Göttin mit diesem hübschen Vornamen geopfert. Die Dame war offenbar eruptiv. Maia verhieß Wachstum und Vermehrung.
Ihr Wiederaufbauprogramm dürfte auch uns derzeit passen. Nicht nur die Wirtschaft, nein, alle Welt schreit bereits danach, dass endlich wieder investiert werde, dass die Bäume ausschlügen und gen Himmel wüchsen. Schön langsam könnte man jetzt sogar andächtig skandieren: „Mehr Mai wagen!“ Selbst wenn noch nicht einmal geklärt ist, wie es hierzulande mit dem Maibaum-Aufstellen steht.

Dieser Brauch riskanten Kraxelns sollte auch, ehe generelle Lockerung einsetzt, nachdenklich stimmen. Absturzgefahr! All diese Riten früher Blüte haben es in sich. Vom Atlantik bis zum Ural tanzten und tanzen Alt und Jung ums Feuer. Aus Irland stammt ein Fest, das auch auf Gefahren aufmerksam macht: Zu Beltane trieb man unter Anleitung von Druiden das Vieh zwischen Flammen hindurch, um es vor Krankheiten zu schützen.

In diesem wunderbaren Monat wird weithin die Maienkönigin innig verehrt. Damit ist nicht nur Santa Maria gemeint. Es geht auch ums Krönen älterer Göttinnen. Oder um andere weise Frauen, lange vor Muttertag. Am Abend des 30. April beginnt die Walpurgisnacht, in der bizarre Gestalten in den hellen Mai toben.

Solche Exzesse wurden notdürftig überschrieben, mit dem Namen einer edlen, frommen Nonne aus Wessex, die Mitte des 8. Jahrhunderts von England nach Franken kam, um dort Barbaren zu missionieren. Walburga ist die Patronin der Wöchnerinnen sowie eine Schutzheilige gegen Seuchen, Tollwut und Hungersnöte. Im Jahr 2020 wartet noch viel Arbeit auf sie.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.