Rüstung

Streit CDU - SPD wegen US-Atomwaffen in Deutschland

U.S. Air Force
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Wegen des Kaufs atomwaffentauglicher Kampfflugzeuge schießt der Koalitionspartner SPD gegen die CDU. Deren Verteidigungsministerin, Annegret Kramp-Karrenbauer, verteidigt die nukleare Teilhabe und wirft der SPD „Schwächung der Sicherheit Deutschlands" vor.

Die deutsche Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat scharfe Kritik an der Forderung des Koalitionspartners SPD nach einem Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland geübt. "Solange es Staaten mit Atomwaffen gibt, die nicht zu unserer Wertegemeinschaft gehören wollen, brauchen wir eine starke Verhandlungsposition", sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag.

"Die mit der nuklearen Teilhabe verbundene Fähigkeit zur Abschreckung dient diesem Zweck. Wer sie aufgeben will, schwächt unsere Sicherheit", kritisierte die Verteidigungsministerin. Sie reagierte damit auf die Forderung von SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich sowie der zwei SPD-Ko-Vorsitzenden Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken, die noch vorhandenen amerikanischen Atomwaffen aus Deutschland abzuziehen.

Bis zu 20 Bomben auf Fliegerhorst Büchel

Dazu gibt es keine exakten Zahlen, es dürfte sich aber um 15 bis 20 taktische Atombomben Typ B61 für Flugzeuge handeln, die auf dem deutschen Fliegerhorst Büchel in Rheinland-Pfalz eingelagert sind und für den Einsatz durch deutsche Tornado-Jagdbomber des Taktischen Geschwaders 33 vorgesehen sind. Im Rahmen dieser sogenannten nuklearen Teilhabe sind solche Bomben auch auf nationalen Luftwaffenbasen der Niederlande, Belgiens und Italiens gelagert und werden von US-Personal bewacht.

Bundeswehr

Auch in Incirlik (Türkei) sind solche US-Atomwaffen; wegen der Verschlechterung der Beziehungen zwischen der Türkei und dem Westen in den vergangenen Jahren wurde wiederholt der Ruf nach einem Abzug der Bomben laut, um sie einem eventuellen Zugriff der Türken zu entziehen.

Kramp-Karrenbauer kritisierte den sicherheitspolitischen Kurs der SPD. "Leider gibt es augenscheinlich für strategische Weitsicht, für die Sozialdemokraten wie Georg Leber, Helmut Schmidt oder Peter Struck standen, heute in der SPD immer weniger Raum und Befürworter", sagte sie. Die Entwicklung in der SPD erinnere sie an die "anfänglichen Diskussionen zwischen Fundis und Realos bei den Grünen". Allerdings scheine der Trend bei den Sozialdemokraten im Unterschied zu den Grünen weg von der "Realpolitik" zu laufen. "Das ist für die Sicherheit Deutschlands eine problematische Entwicklung."

Anlassfall F/A-18 „Super Hornet"

Der Streit hatte sich in der Koalition an einer Äußerung von Mützenich entzündet. Er fordert ein Ende der Vereinbarung über die nukleare Teilhabe, wodurch Deutschland im Kriegsfall zur Atommacht werden könnte. Konkreter Auslöser wiederum ist der kürzliche Beschluss des Verteidigungsministeriums, als Ablöse der angejahrten Tornados, die seit etwa 1980 fliegen, in den USA schwer ausgerüstete F/A-18 „Super Hornet"-Kampfjets von Boeing zu beschaffen. Nämlich 15 Stück vom Sub-Modell E/A-18 „Growler" für elektronische Kriegsführung und Unterdrückung der Feindabwehr sowie 30 F/A-18 als eigentliche Jagdbomber - und eben Atomwaffenträger.

U.S. Air Force

Insgesamt soll es noch etwa 150 B61-Bomben im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Europa geben. Während des Kalten Kriegs waren es - abgesehen von den Hunderten Kurz- und Mittelstreckenatomwaffen im Rahmen von US-Einheiten in Europa - noch viel mehr. Und sie waren auch nicht auf Freifallbomben wie die B61 beschränkt.

Boden-Boden-Raketen, Artilleriegranaten...

So machten bis 2001 auch noch Griechenland und bis 1992 die Atommacht Großbritannien bei der Teilhabe mit. Und die dabei von den europäischen Teilhabern benutzbaren Waffen waren auch etwa nuklear bestückte Nike-Hercules-Luftabwehrraketen, Kurzstrecken-Boden-Boden-Raketen wie „Lance", „Honest John" und „Pershing 1",  „Jupiter"-Mittelstreckenraketen, „Tomahawk"-Marschflugkörper, „Lulu"-Wasserbomben und nukleare Artilleriegranaten.

US Department of Energy

Der frühere italienische Staatspräsident Franceso Cossiga (1928-2010, im Amt 1985-92) erzählte einmal, dass italienische Kampflugzeuge nach einem Ersteinsatz von Kernwaffen durch den Warschauer Pakt mit ihren Atombomben zur Vergeltung Prag und Budapest hätten angreifen sollen.

Berichten zufolge sollen insbesondere die Nato-Staaten Osteuropas wie Polen und die Baltischen Republiken gegen ein Ende dieser Teilhabe sein, wobei sie sich aber zieren, selbst Teil davon zu werden. 

(Reuters/Greber)

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