Finanzverbrechen

EU handzahm gegen Geldwäsche

Valdis Dombrovskis legte ein 18-seitiges Programm vor.
Valdis Dombrovskis legte ein 18-seitiges Programm vor.(c) APA/AFP/POOL/VIRGINIA MAYO
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Die Kommission legt einen Aktionsplan vor, um die Vorschriften gegen Geldwäsche sowie deren Umsetzung zu stärken. Dabei umschifft sie politisch heikle Fragen.

Brüssel. Als Ursula von der Leyen im Juli vorigen Jahres beim Europaparlament für ihre Kandidatur als Kommissionspräsidentin warb, gelobte sie zum Thema Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dies: „Wir brauchen eine wirksamere Überwachung und eine umfassende Strategie, um dem einen Riegel vorzuschieben.“ Am Donnerstag legte nun ihr dafür zuständiger Vizepräsident, Valdis Dombrovskis, ein 18-seitiges Programm vor, um dieses Vorhaben von der Leyens in die Wege zu bringen. Dieses Dokument zeichnet ein alarmierendes Bild des Scheiterns der EU in ihrem Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung.

„Die Union verfügt nicht über ausreichend wirksame Maßnahmen gegen Geldwäsche/Terrorismusfinanzierung mit grenzüberschreitenden Aspekten“, heißt es da. Die EU-Überwachung sei „nur so stark wie ihr schwächstes Glied, und Mängel in einer zuständigen nationalen Aufsicht schaffen Risken für den gesamten Binnenmarkt“.

Das ist keine Übertreibung. Mehrere milliardenschwere Geldwäscheskandale erschütterten die EU in der jüngsten Vergangenheit. Lettlands bis damals drittgrößte Bank, ABLV, hat seit vorletztem Jahr keinen Zugang mehr zum US-Markt, nachdem enthüllt worden war, dass sie sich zur Umgehung der Sanktionen gegen das nordkoreanische Regime hergegeben hatte. Zudem prüfen die Europäische Zentralbank sowie die lettische Finanzaufsicht Vorwürfe, wonach ABLV auch bei der Wäsche illegal erlangter russischer Vermögen dienlich gewesen sei.

Nebenan in Estland wiederum sorgte die Aufdeckung des Skandals um die dortige Zweigstelle der dänischen Großbank Danske für internationale Schlagzeilen. Bis zu 200 Milliarden Euro an oligarchischem und sonstigem zweifelhaftem Vermögen aus den Teilen der früheren Sowjetunion, allen voran Russland, dürften in den Jahren 2007 bis 2015 von der Danske-Filiale gewaschen worden sein. Es gab Verhaftungen, ein ehemaliger Manager und wichtiger Zeuge kam vorigen Herbst unter zweifelhaften Umständen ums Leben. Auch Banken in Zypern, Malta und den Niederlanden waren wiederholt auf eine Weise in Geldwäsche involviert, die den Verdacht nahelegt, dass es die jeweiligen nationalen Bankenaufseher nicht sehr ernst nehmen mit ihren Kontrollpflichten.

„Ein Plan ohne Biss“

Das steht, ohne natürlich einzelne Mitgliedstaaten an den Pranger zu stellen, auch so im Aktionsplan der Kommission. „Es gibt wachsenden Konsens darüber, dass der Rahmen bedeutend verbessert werden muss“, heißt es hinsichtlich der geltenden gesetzlichen Bestimmungen. „Große Unterschiede in der Art, wie er angewendet wird, und ernste Schwächen in der Umsetzung der Regeln müssen angesprochen werden.“

Wie unwichtig den Mitgliedstaaten der Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung ist, kann man an einem erstaunlichen Befund der Kommission ablesen. Bis 26. Juni 2017 hätten sie die 4. Antigeldwäsche-Richtlinie umsetzen sollen – doch die Kommission musste gegen alle (!) Vertragsverletzungsverfahren einleiten, weil sie das nicht oder nicht vollständig taten. Zweieinhalb Jahre später wurde diese Vorschrift von der 5. Antigeldwäsche-Richtlinie novelliert. Sie hätte bis zum heurigen 10. Jänner umgesetzt werden müssen – doch die Kommission musste erneut Vertragsverletzungsverfahren gegen mehrere Mitglieder eröffnen.

In diesem Lichte ist der Idee der Kommission, eine EU-Geldwäschebehörde zu gründen, fragwürdig. Sie solle, so der formlose Vorschlag aus Brüssel, nationalen Behörden auf die Finger schauen und eventuell auch Razzien bei Banken durchführen können. Werden sich die bisher so säumigen Mitgliedstaaten das gefallen lassen?

Auf jeden Fall hat man es nicht eilig mit diesen Reformen. Die Verschärfung der existierenden Regeln soll frühestens in drei Jahren wirksam werden. Und wann die Kommission ihre Idee einer Antigeldwäsche-Behörde (bei der Europäischen Bankenaufsicht angesiedelt, oder als eigene EU-Agentur) in einen Gesetzesvorschlag gießen wird, ist offen. Der Aktionsplan sei „ohne Biss“ und „enttäuschend“, kritisierte Transparency International.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2020)

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