Domizile auf Zeit

Ans Wasser! Run auf Ferienwohnungen

Nicht nur am Wörthersee (im Bild Pörtschach) steigt die Nachfrage an seenahen Ferienwohnungen.
Nicht nur am Wörthersee (im Bild Pörtschach) steigt die Nachfrage an seenahen Ferienwohnungen.pixabay
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Heimische Seen sind als Urlaubsdestination begehrter denn je. Vor allem die Nachfrage nach Ferienwohnungen und -häusern am Wörthersee ist explodiert.

Wörthersee statt Mittelmeer, Velden statt St. Tropez – der Urlaub am See steht heuer hoch im Kurs. Besonders begehrt sind dabei die eigenen vier Wände, die für zwei, drei, manchmal auch vier Wochen zum Domizil an den türkisblauen Gestaden werden sollen. „Es gibt eine wahnsinnige Nachfrage nach Ferienhäusern und Ferienwohnungen direkt am See“, erzählt Thomas Hopfgartner, Geschäftsführer von Living De Luxe.

Doch diese Wünsche kann das auf Luxusimmobilien spezialisierte Unternehmen so gut wie nicht erfüllen, selbst wenn die potenziellen Feriengäste bereit wären, bis zu 5000 Euro pro Tag zu berappen. „Es gibt am Wörthersee keinen Mietmarkt“, sagt Hopfgartner. Wer ein Apartment oder ein Haus mit eigenem Seezugang besitze, wolle dieses selbst nutzen und nicht an Fremde vermieten. „Die Objekte sind natürlich auch dementsprechend eingerichtet“, weiß Hopfgartner.
Nicht wesentlich mehr Glück bescheinigt er übrigens jenen, die kurz entschlossen zum Eigentümer einer See-Immobilie werden wollen: „See-Liegenschaften sind rar.“ Denn auch die Nachfrage potenzieller Eigentümer sei in den vergangenen Wochen wegen der Coronakrise spürbar gestiegen. Ein- und Ausreisebeschränkungen würden derzeit das Reisen nach Spanien, Italien oder Frankreich verhindern. „Selbst wenn es wieder möglich ist, wird sich so mancher nicht trauen“, meint der Luxusimmobilienspezialist.

Seezugang erwünscht, Qualitätsschub erwartet

Heide Pichler-Herritsch, die mit ihrem Unternehmen SeeBnB Apartments, Ferienwohnungen und Zweitwohnsitze an erholungsuchende Urlauber vermietet, registriert ebenfalls deutlich gestiegene Nachfrage nach Wohnungen und Häusern, die einen direkten Seezugang bieten. „Das hängt sicherlich auch damit zusammen, dass die Regelungen in den Strandbädern noch nicht ganz klar sind“, sagt die Unternehmerin, die den Anfragen jedoch mangels Angebots meist eine Absage erteilen muss. Anders sieht es hingegen in der zweiten Reihe aus: „Da gibt es genügend Immobilien“, sagt Pichler-Herritsch. Die darüber hinaus deutlich günstiger seien.

Von der Coronakrise erhofft sie sich im Übrigen einen Qualitätsschub bei den Ferienwohnungen. Diese seien früher für den preisbewussten Gast gebaut worden. „Jetzt aber handelt es sich um eine neue Zielgruppe, die einen höheren Standard und ein bisschen Service sucht und bereit ist, dafür auch zu zahlen“, erzählt Pichler-Herritsch, selbst lange Jahre in Hotellerie und Tourismus tätig. Wer jetzt in seine in die Jahre gekommenen Apartments investiere, habe in den nächsten Jahren gute Chancen, selbst wenn die Wohnung nicht in der ersten Reihe liege. „Für eine exklusivere Zielgruppe gibt es in diesem Segment wenig, das gilt auch für andere Seen.“ In den Skigebieten hätten Apartmentbesitzer und Investoren diesen Trend bereits erkannt, wie sich an den Chaletdörfern zeige.

Erholungsfaktor: Sicherheit

Trendforscher Andreas Reiter vom ZTB Zukunftsbüro ist vom Run auf Ferienwohnungen nicht überrascht: „Es war angesichts von Corona zu erwarten, dass diese boomen“, sagt er. Denn das Virus habe zu einem Umdenken im Urlaubsverhalten geführt. Es gebe ein erhöhtes Sicherheitsbedürfnis, nicht nur den Aufenthalt im Ausland, sondern auch im Hotel betreffend. Dazu komme, dass der Re-Start der Hotellerie unter reduzierten Rahmenbedingungen erfolge. „Potenzielle Gäste fragen sich, ob sie sich angesichts dessen im Hotel erholen können“, sagt Reiter. So mancher würde sich daher für eine Ferienwohnung entscheiden und damit auf „kuratierte Distanz“ setzen: „Man reist mit dem eigenen Auto an und kann, anders als im Hotel, gut unter sich bleiben“, sagt Reiter, der davon ausgeht, dass diese Gäste auch nur selten die Gastronomiebetriebe am Urlaubsort aufsuchen werden.

Zielgruppen Best Ager und Familien

Für den Urlaub im Ferienhaus oder der Ferienwohnung sieht er zwei Zielgruppen: Zum einen die zur Risikogruppe zählenden Best Ager, die sich davon völlige Sicherheit und Unabhängigkeit versprechen würden, und zum anderen Familien, für die das Thema Unabhängigkeit ebenfalls eine Rolle spiele. Dazu komme, dass nach den Wochen der Aufregung eines ganz oben steht: das Aufladen der Batterien und das Aufarbeiten des Erlebten. „Deshalb setzen viele auf Ferienwohnungen, die irgendwie auch an die Sommerfrische von früher erinnern. Und das wird mit Erholung verbunden.“

Kärntner Seen

Fakt 1
1270 stehende Gewässer gibt es in Kärnten, die größten (Wörthersee, Millstätter See, Ossiacher See, Weißensee) sind bis zu 50 km2 groß. Da sie sich im Sommer rasch erwärmen, sind die meisten als Badeseen beliebt und spielen im Tourismus eine wesentliche Rolle. Ein Problem stellt der vielerorts nicht vorhandene freie Seezugang (Privatgrundstücke, Bäder) dar.

Fakt 2
Bereits Ende des 19. Jahrhunderts war der 19 km2 große Wörthersee ein begehrtes Urlaubsziel, mit einer maximalen Tiefe von 85 Metern gehört er zu den wärmsten Alpenseen. Hier verweilten unter anderem Johannes Brahms, Gustav Mahler, der Herzog von Windsor mit Wallis Simpson und Udo Jürgens. Der See diente auch wiederholt als Filmkulisse.

Fakt 3
Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich am Wörthersee ein eigener Architekturstil: eine Mischung aus Jugendstil, Regionalromantik, Barock und englischer Landhausarchitektur. Wichtigster Vertreter der Wörtherseearchitektur war Franz Baumgartner, der zahlreiche repräsentative Villen, Boots- und Badehäuser sowie das Künstlerhaus in Klagenfurt plante.

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