Hospitality

Europas Hotelmärkte vor Umbruch

Mit Serviced Apartments (im Bild Smartments-Projekt in 1190 Wien) hoffen Entwickler wie GBI krisenresistenter zu werden.
Mit Serviced Apartments (im Bild Smartments-Projekt in 1190 Wien) hoffen Entwickler wie GBI krisenresistenter zu werden.(c) JamJam/GBI
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Märkte, die weniger vom Auslandtourismus abhängig sind, werden sich schneller erholen als andere. Projektentwickler setzen auf Städte und eine breitere Streuung.

Das Coronavirus dürfte zu immensen Verwerfungen innerhalb der Hospitality-Branche führen. Von diesem Pandemieschock ist der gesamte Hotelmarkt betroffen – sowohl die Betreiber der Markenhotellerie als auch inhabergeführte Hotels. Durch die flächendeckende Ausbreitung des Virus in Europa ist die Zimmerauslastung in vielen Städten zum Teil auf zehn Prozent gesunken. Dramatisch war die Entwicklung in Norditalien, wo der Tourismusmarkt quasi zum Erliegen gekommen ist. In Mailand lag die Hotelauslastung in den Hochzeiten der Pandemie im Bereich von fünf bis zehn Prozent. Ganz anders verlief die Entwicklung in Berlin, wo die Hotels Anfang März trotz der Absage der Tourismusmesse ITB immerhin noch eine Maximalauslastung von 72 Prozent erreichten.

D-A-CH-Region unter Druck

Laut Berechnungen des Datenanbieters STR waren in Europa zum 30. April 76 Prozent der Hotels geschlossen. In den USA und Asien waren es am gleichen Stichtag lediglich 17 beziehungsweise 38 Prozent. Dementsprechend war auch die Auslastung in Asien mit 26 Prozent und in Nordamerika mit 39 Prozent weitaus höher als in Europa mit durchschnittlich elf Prozent. In einigen Ländern wie Österreich und Portugal waren sogar nur fünf Prozent der Zimmer belegt. Spürbare Unterschiede gab es auch innerhalb der D-A-CH-Region (Deutschland/Österreich/Schweiz). Während Städte wie Bern oder Hannover immerhin noch auf eine Auslastung von rund 15 Prozent verweisen konnten, lag die Belegungsquote laut STR in Luzern bei 7,2 Prozent, in Graz bei 6,3 und in Wien bei 4,1. Dementsprechend sind die Zimmererlöse in Wien bis zum 22. März um 56 Prozent, in Zürich um 52 Prozent und in Berlin um 44 Prozent eingebrochen. „In diesem Zusammenhang festzuhalten ist, dass die Erlöse pro verfügbarem Zimmer (RevPAR) in Österreich schon zwischen 2011 und 2019 starken Schwankungen unterworfen waren“, sagt Christian Strieder, Country Manager D-A-CH-Region von STR.

Obwohl die europäischen Regierungen erste Lockerungsmaßnahmen eingeleitet haben und die Grenzen wieder durchlässiger werden, stellt sich die Frage, wie sich die Hotelbranche in den kommenden Jahren entwickeln wird. „Die Coronakrise wird die Transformation auf den europäischen Hotelmärkten beschleunigen. Dazu gehören die Trends zu mehr Nachhaltigkeit, größerer Sicherheit und höherem Komfort“, sagt Michael Hartung, Managing Director und Development Director von Premier Inn Deutschland. Ferner geht Hartung davon aus, dass die Hotelgäste ihre Anforderungen an den Komfort deutlich steigern und zum Teil auch neu definieren werden. Nach den Erfahrungen der Coronapandemie seien die Reisenden zudem weniger bereit, Kompromisse bei der Qualität des Aufenthalts einzugehen. Von diesem Trend würden diejenigen Hotels profitieren, die bereits in der Vergangenheit auf Komfort gesetzt haben und diesen zu günstigen Preisen anbieten können, betont der Premier-Inn-Deutschland-Manager.

Städte- statt Fernreisen

Der Trend zu Städtereisen dürfte sich durch die Coronapandemie beschleunigen. Solang viele der bisher üblichen Fernreisen aufgrund der Beschränkungen nicht mehr möglich sind, werden Aufenthalte in europäischen Städten die Ziele sein – und für viele auch langfristig bleiben. „Die Gleichung ,Für das Erlebnis eines fernen Landes macht man gern Abstriche bei der Qualität‘ wird nicht mehr aufgehen“, sagt Hartung. Davon würden vor allem Europas Hotelmärkte profitieren, die auf Qualität setzen. „Ein Konzept mit guten Standorten in ruhigen Lagen, kombiniert mit einer guten Verkehrsanbindung, wird in Europas gefragten Städten künftig erfolgversprechender denn je sein.“

Höhere Anforderungen

Schon vor der Coronakrise legten Unternehmen wie die GBI Unternehmensgruppe, Deutschlands größter Hotel-Projektentwickler, Wert darauf, Engagements breiter zu streuen. „Sowohl im Hotelsegment im Speziellen als auch bei Immobilien-Investments im Allgemeinen“, betont Jan Winterhoff, Director of Hotel Development der GBI AG. Weil immer mehr Akteure in den Hotel-Entwicklungsmarkt drängten und die Preise deutlich nach oben gingen, habe die GBI ihre Developments höheren Anforderungen bezüglich Lage, Einstandskosten und Betreiberbonität unterworfen. Aufgrund dieses vielfältigen Angebots entstünden die Hotels beziehungsweise Serviced Apartments der GBI weniger als singuläre Immobilien, sondern vielmehr im Rahmen von größeren Quartierentwicklungen, etwa mit Büros, Wohnungen oder Wohnheimen für Studierende. „Diese Diversifizierung senkt das Risiko deutlich“, führt Winterhoff weiter aus. In Österreich gehören zum Portfolio der GBI unter anderem die bereits fertiggestellten Studentenapartments in Wien und Graz. Noch in diesem Jahr eröffnet werden sollen das IntercityHotel in Graz sowie zwei Serviced-Apartment-Hotels der Eigenmarke Smartments Business in Wien am neuen Hauptbahnhof beziehungsweise im 19. Bezirk in Heiligenstadt.

Auf einen Blick

Laut dem Datenanbieter STR waren per 30. April in Europa 76 Prozent der Hotels geschlossen. Das hatte gravierende Auswirkungen auf die Zimmerauslastung. Allein in der D-A-CH-Region brach sie vielerorts auf unter zehn Prozent ein. Regional gab es aber durchaus Unterschiede: Während die Belegungsrate in Städten Bern oder Hannover immerhin noch bei 15 Prozent lag, musste etwa Graz einen Einbruch auf 6,3 Prozent, Wien sogar auf 4,1 Prozent hinnehmen. Mittelfristig könnte der Städtetourismus von der Krise aber profitieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2020)

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