TV-Serie

Schweden-Krimi „Hidden Agenda“: Schneeweiß mit Grautönen

Hidden Agenda
Hidden Agenda(c) ZDF und Senay Berhe
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In „Hidden Agenda“ suchen eine angehende Anwältin und ein Mafioso auf ZDFneo nach einem verschwundenen Unternehmersohn. Die Romanvorlage stammt von Jens Lapidus, der auch Strafverteidiger ist.

Feierlich übergibt Carl Johan Schale eine sündteure Uhr an seinen Sohn Philip. „Sie ist nicht dein Besitz“, mahnt der Vater, „du kümmerst dich nur um sie bis zur nächsten Generation.“ Doch kaum ist Philip Schale zum neuen Geschäftsführer des Familienkonzerns ernannt, verschwindet er spurlos in der Eiseskälte des Stockholmer Winters. . . . Es ist ein kühles Szenario. Nicht nur weil draußen, wie man es an den Skandinavien-Krimis so gern hat, unschuldsweißer Schnee knirscht. Auch in der Anwaltskanzlei, in der Emily (Josefin Asplund) dabei ist, sich die Karriereleiter hochzuarbeiten, hält man den Kragen hochgeklappt: Das Klima unter den Kollegen ist unterkühlt, es ist besser, man gibt von sich möglichst wenig preis, um sich nicht angreifbar zu machen.

Und so schafft es Emily alle acht Folgen der Serie „Hidden Agenda“ lang, mit einem Kerl aus dem Büro so etwas wie eine Beziehung zu führen, ohne dass er weiß, wo sie wohnt. Man erzählt eben nicht gern, dass das eigene Haus gerade zwangsversteigert wird. Schon gar nicht, wenn man wie Emily Wirtschaftsanwältin werden will.

Man fragt sich allerdings den ganzen Binge-Watching-Abend lang: Warum will sie das überhaupt? Denn während man in dieser schicken Kanzlei nie weiß, wer die Guten und wer die Bösen sind, auch weil sich die Kommunikation auf kurze Befehlsketten beschränkt, scheint Emily zu echter Loyalität und Empathie fähig zu sein. Eigenschaften, die ihr bei ihren ehrgeizigen Karriereplänen allerdings nicht hilfreich sind. Der, der hier aus der Anwaltsbranche berichtet, weiß jedenfalls, wovon er spricht: „Hidden Agenda“ basiert auf einem Roman von Jens Lapidus, der in seiner Heimat Schweden nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Strafverteidiger erfolgreich ist. Man darf vermuten, dass daher auch sein Gespür für Grauschattierungen kommt, die sich hier gleichmäßig auf alle Schichten verteilen.

Es stinkt – nicht nur bei den Mafiosi

Als Emilys Kanzlei von den Schales den Auftrag erhält, den verschwundenen Sohn aufzuspüren, will sie sich profilieren – und macht Bekanntschaft mit einem Mann, der am anderen Ende der Gesellschaft auftaucht: Mafioso Teddy (Alexej Manvelov), der ebenfalls nach dem Verschwundenen sucht, scheint nach zehn Jahren Haft geläutert, ist aber zu sehr in das Geflecht aus Schuld und Rache verstrickt, um dem Clan den Rücken zu kehren. Während die beiden gegen-, dann miteinander ermitteln, kommen aus den Untiefen ihrer Biotope unschöne Fakten an die Oberfläche. Es stinkt – nicht nur bei den Mafiosi, auch bei den Anwälten und im Familienclan sowieso.

„Hidden Agenda“: ab 29.5., 22 Uhr, ZDFneo

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2020)

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