Südafrikas Gesundheitsminister kommt zur Aids-Konferenz nach Wien. Südafrika ist das Land, in dem weltweit am meisten HIV-positive Menschen leben.
Wenn am Dienstag der südafrikanische Gesundheitsminister Aaron Motsoaledi an der Plenarsitzung der Internationalen Aids Konferenz (AIDS 2010) teilnimmt, vertritt er ein Land mit einer bewegten Geschichte in Sachen "Aids-Politik". Lange Zeit wurde die Immunschwächekrankheit offiziell verharmlost. Geradezu legendär war dabei Manto Tshabalala-Msimang, eine Vorgängerin von Motsoaledi im Gesundheitsministerium. Aber auch Präsident Jacob Zuma musste erst vom Saulus zum Paulus werden...
Südafrika ist das Land, in dem weltweit am meisten HIV-positive Menschen leben. Auf rund 50 Millionen Einwohner kommen etwa 5,7 Millionen Infizierte. Tshabalala-Msimang rückte als oberste Gesundheitspolitikerin aber trotz internationaler Kritik nicht von ihrer eigenwilligen Position ab. "Knoblauch, Rote Rüben und Vitamine" empfahl sie als Gegenmittel gegen Aids. Und der damalige Präsident Thabo Mbeki deckte das unverantwortliche Vorgehen. Laut einer Harvard-Studie hätten über 300.000 Aids-Tote bei einer besseren Politik verhindert werden können.
Mbekis Nachfolger Jacob Zuma, seit Mai 2009 erster Mann im Staat, ging das Thema dann offensiver an. Er folgte damit dem Beispiel von Barbara Hogan, die von der umstrittenen Tshabalala-Msimang das Gesundheitsressort übernommen und "das Zeitalter der Verleugnung für beendet" erklärt hatte. Allerdings war und ist auch Zuma nicht unumstritten. Zwar beteuerte er einmal, "dass ich einen Fehler gemacht habe, als ich ungeschützten Sex hatte". Allerdings hatte er im Rahmen eines Vergewaltigungsprozesses dem Gericht auch erzählt, dass er sich nach dem Verkehr mit der HIV-infizierten Frau zum Schutz lediglich "gründlich geduscht" habe. Zur Aids-Prävention quasi.
Dennoch startete der polygam lebende Zuma - der Zulu ist nach traditionellem Recht mit drei Frauen verheiratet - nach seinem Amtsantritt die bisher umfangreichste Aids-Kampagne im Fußball-WM-Land Südafrika. In deren Rahmen ließ Zuma selbst seinen Status prüfen. Das Ergebnis war negativ -, um die Bevölkerung ebenfalls zu Tests zu bewegen. "Es darf keine Schande, keine Anklage, keine Diskriminierung und kein Stigma mehr geben, Politisierung und Debatten über HIV und Aids müssen aufhören", sagte er in einer Rede.
Auch die Berufung des als fortschrittlich geltenden Motsoaledi an die Spitze des Gesundheitsressorts war programmatisch. Tatsächlich initiierte das öffentliche Gesundheitswesen in Folge das größte Programm mit antiretroviralen Medikamenten weltweit. Erreicht wurden dennoch viel zu wenige. Bisher werden laut Medienberichten überwiegend schwangere Patienten und solche mit niedriger Zahl weißer Blutkörperchen versorgt, bei denen Aids kurz vor dem Ausbruch steht. Aber: Bis 2011 will Zuma für 80 Prozent aller Infizierten Medikamente verfügbar machen.
Der Präsident verglich die Aids-Bekämpfung mit dem jahrzehntelangen Kampf gegen das Apartheid-Regime. Die Befreiungsbewegung sei damals vor der Wahl gestanden, "sich zu unterwerfen oder zu kämpfen", sagte Zuma. "Diese Zeit ist jetzt bei unserem Kampf gegen Aids gekommen. Lasst uns heute erklären, wie wir es damals erklärt haben, dass wir uns nicht unterwerfen werden", sagte Zuma.
Die USA kündigten in Reaktion auf Zumas Ankündigung hin an, Südafrika bis 2011 für Medikamente 120 Millionen Dollar (79,6 Mio. Euro) zur Verfügung zu stellen. Künftig sollen alle HIV-positiven Kinder unter einem Jahr medikamentös versorgt werden. Zudem sollen mit dem HI-Virus infizierte Patienten schneller eine Behandlung bekommen, Tests sollen künftig von allen Gesundheitseinrichtungen durchgeführt werden, nicht nur von spezialisierten Einrichtungen. Der Direktor des Aids-Programms der Vereinten Nationen (UNAIDS), Michel Sidibe, lobte Zuma: "Was sie von heute an tun, wird die Geschichte von Aids in Afrika umschreiben."
(APA)