Wir blicken zurück auf Wochen der Klausur, des Rückzugs auf uns selbst – Corona als Heilfasten des Denkens.
Täglich um sieben Uhr, betonte der Geheimrat, sei sein Arbeitsbeginn. Noch vom Bette aus diktiere er Briefe. Nach dem Aufstehen schreibe er über sein Leben. Bis hierher konnte ich mich beim Lesen einigermaßen geheimrätlich fühlen, bis auf das Diktieren aus dem Bett. Dann aber folgt ein Satz, bei dem ich innerlich aufjauchzte. Goethe: „So halte ich mich von der Welt zurückgezogen, um gesund zu bleiben, und finde mich so meinen Obliegenheiten noch gewachsen." Danke, Goethe! Und Mahler, Rückertlieder: „Ich bin der Welt abhanden gekommen. Ich leb allein, in meinem Himmel, in meinem Lieben, in meinem Lied." Das ist, weniger poetisch vielleicht, jenes Lebensgefühl, das mir in den Wochen der Ausgangsbeschränkungen viele Bekannte beschrieben haben: ein Innehalten, nachdenkliches Stehenbleiben, ein Rückzug auf sich selbst.