Vermögenssteuern: Was sie bringen und wen sie treffen

Vermögenssteuern: Was sie bringen und wen sie treffen
Vermögenssteuern: Was sie bringen und wen sie treffenSPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Derzeit vergeht kein Tag ohne neue Steueridee. Am Montag schlug SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter eine Sondersteuer für Spitzenverdiener über 300.000 Euro Jahreseinkommen vor. Die ÖVP hält sich noch zurück.

Die Frage, die sich der Steuerzahler dieser Tage stellt, ist nicht mehr, ob er angesichts des maroden Staatshaushalts mit neuen Abgaben belastet wird, sondern bloß noch: mit welchen? Während die ÖVP mit ihren Ideen noch hinterm Berg hält, drängt die SPÖ auf Vermögens- oder vermögensbezogene Steuern. Doch was fällt alles unter diesen Sammelbegriff? Was brächten die einzelnen Abgaben? Und welche sind mit der ÖVP umsetzbar?

1. Steuer auf Vermögen

Die Vermögenssteuer im eigentlichen Sinn ist eine Besteuerung der Vermögenssubstanz. Eine solche hat es in Österreich bereits gegeben, sie wurde 1993 unter Finanzminister Ferdinand Lacina (SPÖ) abgeschafft. Bis dorthin wurde das Gesamtvermögen, das zu einem bestimmten Stichtag vorhanden war, abzüglich der Freibeträge mit einem Prozent besteuert. Dafür mussten die Steuerzahler eine detailreiche Vermögenserklärung abgeben: von Grundstücken über Autos bis hin zu Sparbüchern und Schmuck. Die Hauptlast trugen dennoch die Unternehmen, nämlich rund 80 Prozent von zuletzt umgerechnet rund 700 Millionen Euro.

Teile der SPÖ machen sich nun für eine Wiedereinführung der „Reichensteuer“ stark. Bis dato gibt es allerdings nur von der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA) ein konkretes Modell. Sie fordert eine progressive Besteuerung von Vermögen über 500.000 Euro. Die ÖVP lehnt so eine Steuer kategorisch ab.

2. Steuer auf Grundbesitz

Die Grundsteuer ist eine Sachsteuer auf inländischen Grundbesitz. Bemessungsbasis ist der von den Finanzämtern festgestellte Einheitswert des jeweiligen Grundbesitzes. Eingehoben wird die Grundsteuer von den Gemeinden: Sie sind ermächtigt, bei der Steuerfestsetzung einen einheitlichen Hebesatz von bis zu 500 Prozent des Einheitswertes anzuwenden. Generell wird zwischen der „Grundsteuer A“ für land- und forstwirtschaftliches Vermögen und der „Grundsteuer B“ für Grundvermögen unterschieden. In Summe bringt das 580 Millionen Euro pro Jahr. Der Ertrag kommt zur Gänze den Gemeinden zu.

Aktuell wird die Grundsteuer vor allem deshalb heftig diskutiert, weil die Einheitswerte für Grundvermögen zuletzt 1973 festgesetzt wurden. Bei den Agrar-Immobilien schreibt das Bewertungsgesetz für heuer eine neue Hauptfeststellung vor, weil die letzte aus dem Jahr 1988 datiert. Der Internationale Währungsfonds, das Wirtschaftsforschungsinstitut und das Institut für Höhere Studien legten der Bundesregierung vor Kurzem Reformen ans Herz: Eine Koppelung der Einheitswerte an die Inflation etwa würde den Ertrag der Grundsteuer mehr als verdoppeln. Dem Vernehmen nach ist das koalitionäre Interesse an einer Erhöhung allerdings enden wollend.

3. Steuer auf Erbschaften und Schenkungen

Die Erbschaftssteuer fällt bei Zuwendungen von Todes wegen an; die Schenkungssteuer besteuert unentgeltliche Zuwendungen unter Lebenden. Beides wird in Österreich seit dem 1.August 2008 nicht mehr eingehoben, weil die Regierung auf eine Reparatur verzichtete, nachdem der Verfassungsgerichtshof die Bewertungsvorschriften für Grundstücke für gleichheitswidrig erachtet hatte.

Beide Steuern waren Bundesabgaben, die zwischen Bund und Ländern geteilt wurden. Ihre Höhe richtete sich (abzüglich Freibeträge) nach dem Verwandtschaftsverhältnis und der Höhe der Zuwendung: In der Steuerklasse eins (Ehegatten und Kinder) lag der Steuersatz zwischen zwei und 15 Prozent; in der höchsten, der Steuerklasse fünf (ferne Verwandte und Dritte), zwischen 14 und 60 Prozent. Zuletzt brachten Erbschafts- und Schenkungssteuer dem Staat rund 100 Millionen Euro im Jahr ein.

In der SPÖ mehren sich die Rufe nach einer Wiedereinführung, diese prallten bisher aber am Widerstand des Koalitionspartners ab.

4. Sondersteuer für Spitzenverdiener

SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter schlug am Montag eine Sondersteuer für Spitzenverdiener vor: Für Personen mit Jahreseinkommen über 300.000 Euro soll es einen Solidarzuschlag von fünf Prozentpunkten geben – für alle Steuertarife. Damit würde in dieser Einkommensgruppe schon der Eingangssteuersatz von 36,5 auf 41,5 Prozent steigen. Der mittlere würde 48,21 Prozent, der Spitzensteuersatz 55 Prozent betragen. Das brächte laut Kräuter rund 155 Millionen Euro im Jahr. Die ÖVP reagierte zurückhaltend: Sie wolle nicht jeden neuen Vorschlag des Koalitionspartners kommentieren.

5. Steuer auf Vermögenszuwächse

Kursgewinne auf Aktien sind in Österreich innerhalb einer Spekulationsfrist von einem Jahr einkommensteuerpflichtig, danach steuerfrei. Die SPÖ will diese Frist streichen und erhofft sich dadurch bis zu 500 Millionen Euro im Jahr. Doch die ÖVP legt sich quer.

Einig ist sich die Regierung in ihrer Präferenz für eine EU-weite Finanztransaktionssteuer. Alternativ würde die SPÖ eine Steuer auf den Handel mit Börsenprodukten befürworten. Die sogenannte Börsenumsatzsteuer gab es in Österreich bereits (sie betrug 0,85 Prozent), wurde aber vor zehn Jahren abgeschafft. Sie könnte laut Kanzlerpartei rund 350 Millionen Euro pro Jahr ins Budget spülen. Die ÖVP sagt „Nein“, weil sie eine Belastung des Finanzplatzes befürchtet.

6. Besteuerung von Stiftungen

Werden Vermögen in eine Privatstiftung eingebracht, fällt 2,5 Prozent Steuer an. Erwirtschaftet die Stiftung einen Gewinn – etwa aus Geldanlagen bei Banken oder Forderungswertpapieren wie Anleihen – wird ein Zwischensteuersatz von 12,5 Prozent fällig. Werden diese Erträge dann an die Begünstigten der Stiftung ausgeschüttet, fallen erneut 12,5 Prozent Steuer an. Man könnte also von einem Zinsstundungseffekt sprechen.

Die SPÖ fordert nun eine Reform: Sie will den Zwischensteuersatz auf 25 Prozent anheben, dafür den Eingangssteuersatz auf ein Prozent zurücksetzen. 200 bis 400 Millionen Euro jährlich erhofft man sich dadurch. Die ÖVP zeigte sich fürs Erste gesprächsbereit.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20. Juli 2010)

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