Das drohende Clubsterben treibt Berlin schon länger um. Dann kam auch noch Corona. Und jetzt steht viel auf dem Spiel. Auch das Lebensgefühl in der deutschen Hauptstadt.
Das Coronavirus hat, die Wilde Renate gezähmt. Wer in den Technoclub will, über den die Wochenzeitung „Die Zeit“ einmal urteilte, er sei noch „wilder, dreckiger, intimer“ als Berlins weltberühmter Tanztempel, das Berghain, muss sich per E-Mail registrieren. Der maskierte Türsteher am Eingang weist dann daraufhin, ja immer Mundschutz zu tragen, sobald man sich auf dem Hof „bewegt“, der aussieht wie ein verwunschener Spielplatz für Erwachsene. Die Gäste sitzen unter hohen Baumkronen und Discokugeln, neben Trabi, Boot und Springbrunnen. Im Hintergrund rieselt gemütlich Musik. Man starrt auf das Mietshaus. Hinter der gealterten Fassade hat sich in seuchenfreien Zeiten auf zwei Stockwerken die Tanzwut entladen. Aber in der Krise schrumpft die Wilde Renate zum Biergarten ohne Tanzfläche. Denn in ihrer Existenznot öffneten einige Berliner Clubs ihre Außenbereiche zum nachmittäglichen Beisammensein. Wo sonst also die Hemmungen fallen, muss sich der Gast nun in ein enges Korsett aus Hygieneregeln zwängen. Saskia, 40, großflächig tätowiert, arbeitet seit Jahren in der Wilden Renate: „Nach der Krise wird es nicht mehr so sein wie davor.“ Viele Clubs werden verschwinden, befürchtet sie.
Wirtschaftsfaktor. Denn das Coronavirus hat der Partyhauptstadt die Geschäftsgrundlage entzogen. Das schmerzt. Auch wirtschaftlich. Einer Studie zufolge zählt Berlin 280 Clubs und Veranstalter. Der gesamtwirtschaftliche Effekt für die Hauptstadt soll sich auf 1,48 Milliarden Euro addieren. Ein gutes Drittel der Touristen verschlägt es nur wegen Clubs und Partys nach Berlin.