Deutschland

Härtere Strafen für Missbrauch von Kindern

Nach monströsem Fall verschärft Berlin Gesetze.

Berlin. Seit Tagen wühlt ein Kindesmissbrauchs-Skandal in Münster, Nordrhein-Westfalen, die Bundesrepublik auf. Gestandene Ermittler kamen an die Grenzen der Belastbarkeit, als sie das Material sichteten, also die „unfassbare Anzahl an Bildern von Missbrauchshandlungen“. Die Sprengung des pädokriminellen Netzwerks löste auch eine heftige Debatte darüber aus, ob die Strafen für Kindesmissbrauch in Deutschland zu lasch sind.

Denn der Besitz von Kinderpornos und Kindesmissbrauch ohne körperliche Gewalt gelten als Vergehen, nicht als Verbrechen. Das bedeutet: Beides wird nicht zwingend mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr geahndet. Justizministerin Christine Lambrecht lehnte eine Nachschärfung der Gesetze zunächst ab. Doch der Druck auf die SPD-Politikerin stieg stündlich: aus der eigenen Partei, vom Koalitionspartner, auch vom Boulevard. Und dann vollführte Lambrecht eine Wendung. Sie beauftragte ihr Ressort, „schnellstmöglich“ einen Entwurf für eine Gesetzesänderung vorzulegen. Kindesmissbrauch und Kinderpornografie seien „widerliche Straftaten“. Und sollen bald als Verbrechen gelten.

Dem Hauptbeschuldigten im monströsen Fall von Münster, einem 27-jährigen wegen Kinderpornografie-Besitz vorbestraften IT-Techniker, drohen schon heute bis zu 15 Jahre Haft plus Sicherungsverwahrung. Es gibt aber viel Kritik, dass die Richter das Strafmaß zu selten ausschöpfen.

Der Kinderschutzbund weist indes daraufhin, dass das größte Problem nicht das Strafmaß sondern das Dunkelfeld sei: „Ein Kind, das sexuelle Gewalt erfährt, muss sich im Durchschnitt an sieben Erwachsene wenden, bis ihm zugehört und geglaubt wird.“ (strei)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.06.2020)

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