Bahnprojekt

Koralmtunnel vollständig gegraben

ARCHIVBILD: BAUARBEITEN IN EINEM SONDIERSTOLLEN F�R DEN KORALMTUNNEL
ARCHIVBILD: BAUARBEITEN IN EINEM SONDIERSTOLLEN F�R DEN KORALMTUNNEL(c) APA/MARKUS LEODOLTER (MARKUS LEODOLTER)
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Nach erstem Durchschlag in Südröhre 2018 erfolgte nun jener in Nordröhre. Die neue Bahnverbindung von Graz nach Klagenfurt ist für 2025 geplant. Von Graz nach Berlin gibt es seit Dienstag eine Direktverbindung.

In der Nordröhre des Koralmtunnels, der Kärnten und die Steiermark verbindet, ist am Mittwoch zu Mittag der Durchschlag erfolgt. Es war der nächste Meilenstein beim Bau des 33 Kilometer langen Bahntunnels, nachdem bereits im August 2018 der Durchschlag in der Südröhre gefeiert wurde. Die Fertigstellung der Koralmbahn von Graz bis Klagenfurt ist 2025 geplant. Spatenstich für den ehemals politisch umkämpften Bau erfolgte bereits 2001.

Die Errichtung der 130 Kilometer langen Koralmbahn kostet insgesamt 5,3 Milliarden Euro, 2,3 Milliarden davon entfallen auf den Koralmtunnel. Schon vor 18 Jahren hatten die Erkundungsbohrungen für den sechstlängsten Eisenbahntunnel der Welt begonnen. Neben den zuletzt 800 Mitarbeitern auf der Baustelle standen vor allem drei Geräte im Einsatz: Die Tunnelbohrmaschinen Mauli 1, Mauli 2 und Kora. Letztere hatte sich seit dem Jahr 2014 vom Kärntner Lavanttal aus in den Berg gegraben und schaffte am Mittwoch nach 11.208 Metern den Durchbruch.

Die Zahlen zum Bau des Tunnels lesen sich spektakulär: Jede der drei Tunnelbohrmaschinen ist 200 Meter lang, 2.500 Tonnen schwer und hat eine Leistung von 10.000 PS. Insgesamt 160.000 Tübbinge, das sind Betonteile zur Auskleidung, sichern den Tunnel. Beim Bau fielen rund sechs Millionen Kubikmeter Ausbruchsmaterial an, was mehr als das doppelte Volumen der Cheopspyramide ist. Davon wurden rund vier Millionen Kubikmeter als Schüttmaterial für Lärmschutzwälle oder Bahndämme, beziehungsweise als Filterkies oder Zuschlagstoff für Beton verwendet.

An der gesamten Koralmbahn sind mit dem finalen Durchschlag im Koralmtunnel nun alle Vortriebsarbeiten fertiggestellt, insgesamt 47 der 130 Kilometer langen Strecke verlaufen in Tunnels. Mehr als 100 Brücken und Unterführungen werden errichtet, 23 Bahnhöfe und Haltestellen entweder modernisiert oder überhaupt neu gebaut. Geschwindigkeiten von bis zu 250 km/h werden auf der Koralmstrecke möglich sein.

Gewessler will Güterverkehr verlagern

Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) sagte anlässlich des Durchschlages, für Pendler bringe die neue Südstrecke eine große Zeitersparnis, für den Wirtschaftsstandort eine nachhaltige Stärkung: "Das hilft uns auch, noch mehr Güterverkehr auf die Bahn zu verlagern." ÖBB-CEO Andreas Matthä feierte den Durchschlag als "Meilenstein für ein Jahrhundertprojekt".

"Für uns ist klar, dass die Mobilität der Zukunft vernetzt, umweltfreundlich und leistbar sein muss", sagte der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP), die Anbindung der Steiermark werde sich mit dem Koralmtunnel deutlich verbessern. Und sein Kärntner Amtskollege Peter Kaiser (SPÖ) sprach von einem "historisches Ereignis, das für uns alle und für nachkommende Generationen von entscheidender Bedeutung" sein werde.

Von Graz direkt nach Berlin

Aber auch in die nördliche Richtung geht es von Graz aus von nun an schneller voran. Am Dienstag stellte die ÖBB eine neue Direktverbindung von Graz nach Berlin vor. Damit ist es möglich, die zwei Städte - über Wien, Prag und Dresden - in etwas über 11 Stunden zu erreichen. Der Railjet ist ab sofort täglich unterwegs.

Umstrittener Tunnel

Seit Anfang der 1990er-Jahre steht der Koralmtunnel am Wunschzettel der Kärntner Politik. Bis zum Baubeginn 2008 gab es zahllose politische Auseinandersetzungen, kaum ein Infrastrukturprojekt seit dem Kraftwerksprojekt Hainburg war so umstritten.

Einer der Gründe für die jahrelangen Debatten war die Frage der Wirtschaftlichkeit. Zahlreiche Verkehrsexperten und auch die ÖBB vertraten die Ansicht, der Koralmtunnel sei unrentabel und ohne den Semmering-Basistunnel sowieso völlig sinnlos. Der Dauerstreit zwischen Niederösterreich und der Steiermark um den Semmeringtunnel hatte also direkte Auswirkungen auf das zweite Tunnelprojekt.

Politischen Rückenwind auf Bundesebene gab es erst ab dem Jahr 2000, nachdem Jörg Haider ÖVP-Chef Wolfgang Schüssel die Tür ins Bundeskanzleramt geöffnet hatte. Nur wenige Monate nach Amtsantritt der schwarz-blauen Regierung, nämlich im August 2000, fasste die Regierung den Beschluss, der Bau der Koralmbahn liege im "gemeinwirtschaftlichen Interesse". Seitens der ÖBB war die Begeisterung darüber allerdings enden wollend, trotzdem gab es im März 2001 den Spatenstich für den Teilabschnitt der Koralmbahn zwischen Klagenfurt und Althofen an der Drau.

(APA/red.)

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