Bildnis "Wally": "Wir haben es sehr geliebt"

Die Presse
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Vor zwölf Jahren als "Diebsgut" beschlagnahmt, nun kehrt Schieles "Bildnis Wally" nach Wien zurück. Nun ist ein zweiter berühmter Restitutionsstreit beendet, und auch er dreht sich um eine Frau, die „Goldene Adele“

In den letzten Jahren bekam der Streit um von den Nazis geraubte Kunst ein Gesicht: jenes der „Goldenen Adele“. Der jahrelange Rechtsstreit zwischen zwei Parteien, die beide das Bild für sich reklamierten, und der Österreichischen Galerie, war weltweit ein Thema und trug letztendlich dazu bei, Klimts Gemälde an die Spitze des Kunstmarktes zu befördern. Die Erben um Maria Altmann, die im Streit als Sieger hervorgingen, verkauften die „Goldene Adele“ um 135 Millionen Dollar – es ist heute das zweitteuerste Bild der Welt.

Nun ist ein zweiter berühmter Restitutionsstreit durch außergerichtliche Einigung beendet, und auch er dreht sich um eine Frau. Doch während die „Goldene Adele“ 2006 aus Österreich in die USA gewandert ist, ist es bei Schieles „Wally“ umgekehrt: Sie kehrt aus den USA nach Österreich zurück, nach zwölfjährigem Tauziehen.

Wie viel wusste Leopold?

So lange ist es her, dass das Bild in New York als „Diebsgut“ beschlagnahmt wurde. Der Kunstsammler Rudolf Leopold hatte seitdem alles versucht, um das Bild zurückzubekommen. Ein paar Wochen früher, und er hätte „Wallys“ Rückkehr noch erleben können, doch Leopold starb Ende Juni.

Wie viel wusste er von der dunklen Geschichte des Bilds? Das war der juristische Knackpunkt, um den sich der Fall Wally drehte – und Leopold sagte: nichts. In der Nazi-Zeit hatte ein Kunsthändler das Gemälde einer jüdischen Galeristin abgepresst, nach dem Krieg wurde es zwar restituiert – aber versehentlich an falsche Besitzer. Leopold erwarb das Bild schließlich 1954 von der Österreichischen Galerie Belvedere.

Aufsehen erregte dann 1998 die Beschlagnahmung bei der Schiele-Ausstellung des Leopold Museums in New York: Ein „New York Times“-Artikel hatte Leopold vorgeworfen, Bilder mit „schwieriger“ Vergangenheit zu besitzen, und die richtigen Erben meldeten ihre Ansprüche an – nicht nur an „Wally“, sondern auch an „Die tote Stadt“ (die kehrte aber schon ein Jahr später zurück). Ein großer Schlag für den Sammler: „Wir haben es sehr geliebt“, betonte am Mittwoch Sammlerwitwe Elisabeth Leopold.

19 Millionen Dollar zahlt die Stiftung nun den Erben. Geschah die Einigung aus Angst, weil sich die Stiftung ein negatives Urteil erwartete? Jedenfalls ist die für Juli anberaumte Gerichtsverhandlung nun obsolet.

Für „Wally“ werden Bilder verkauft

Doch woher kommt das Geld? Die Zwischenfinanzierung übernimmt die Raiffeisen Landesbank Wien-Niederösterreich, dafür werden fünf Schiele-Gouachen verpfändet. Das Geld soll dann schrittweise durch den Verkauf von Bildern kommen. Rudolf Leopold habe selbst Bilder dafür ausgewählt, heißt es, die endgültige Liste komme vom Stiftungsvorstand.

Noch lagert das „Bildnis Wally“ in einem US-Depot. Ab 29.Juli ist es drei Wochen lang im New Yorker „Museum of Jewish Heritage“ zu sehen, danach in einer Sonderpräsentation in Wien.

Historisch gesehen ist der Fall „Wally“ noch viel wichtiger als der Streit um die „Goldene Adele“. Er hat in Österreich die Debatte um Raubkunst ausgelöst und den Anstoß für das Restitutionsgesetz gegeben. Wie viel sich verändert hat, zeigt auch ein am Mittwoch verlesenes Statement der Leopold Stiftung: Sie werde bei etwaigen weiteren strittigen Fällen „aus moralischer Verantwortung der Geschichte Österreichs und seiner jüdischen Mitbürger gegenüber handeln, Vergleiche anstreben und realisieren, die die Ansprüche und Vorstellungen beider Seiten zu befriedigen imstande sein werden“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2010)

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