Churchill-Statue vor dem Parlament in London. Mittlerweile wurde sie mit Brettern eingehaust.
Geschichte

Winston Churchill, „ein Rassist“?

Winston Churchill, die britische Ikone, sei „ein Rassist“ gewesen, wie jemand kürzlich auf seine Statue vor dem Parlament in London gesprüht hat. Am Denkmal des Nationalheiligen wird vor dem Hintergrund der Antirassismusproteste gekratzt. Zum Sturz wird es trotz aller Fehler nicht kommen. Das hängt auch mit Unterschieden im Denken zwischen damals und heute zusammen.

Der Abgeordnete der konservativen Partei für den Wahlkreis Epping in der Grafschaft Essex nordöstlich von London befand sich wieder einmal im politischen Abseits. Umso heftiger polemisierte er, Winston Churchill, in den 1930er-Jahren von den Hinterbänken aus. Auch – und besonders – gegen die eigenen Reihen. Einen heftigen Disput mit dem konservativen Premierminister Stanley Baldwin schloss Churchill mit den Worten: „Ich weiß, dass mir die Geschichte gnädig sein wird. Denn ich habe die Absicht, sie selbst zu schreiben.“

Gesagt, getan, und auch geschafft. Mit 37 Büchern veröffentlichte Churchill ein umfangreicheres Werk als Shakespeare und Dickens zusammen. Allein seine Geschichte des Zweiten Weltkriegs, für die er 1953 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, umfasst sechs Bände. Seine Sicht der Dinge setzte sich durch. Als Retter der Nation und der freien Welt vor Hitler-Deutschland wird er regelmäßig zum „größten Briten aller Zeiten“ gekürt.

Ausgerechnet Churchill ist in den Sturm der Auseinandersetzung geraten, die auch in Großbritannien der Tod des schwarzen US-Amerikaners George Floyd bei einem Polizeieinsatz ausgelöst hat. Drei Worte, die bei einer Kundgebung auf den Sockel seines Denkmals vor dem Parlament gesprüht wurden, sorgten für ungeheure Erregung: Unter seinem durchgestrichenen Namen steht nun: „Was a Racist.“

(c) REUTERS (DYLAN MARTINEZ)

„Churchill war ein Held"

Dass die Statue von Londons Bürgermeister Sadiq Khan kurz darauf „zum Schutz" hinter einem Holzverschlag verborgen wurde, bezeichnete Premierminister Boris Johnson als „absurd und beschämend“. Er sprang Churchill bei: „Er war ein Held.“

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